U1-Sperrung – Wieso dauert das eigentlich sooooo lange?

Seit dem 8. Juni ist die U1 zwischen Hauptbahnhof und Stephansplatz für den barrierefreien Ausbau der Haltestellen Steinstraße und Jungfernstieg gesperrt. Insgesamt wird die Sperrung rund 10 Wochen dauern. Aber muss das denn echt so lange sein? Warum geht das nicht etwas schneller?  

Zumindest gibt es schonmal eine gute Nachricht: Die Hälfte der Sperrzeit ist bereits um.  

Trotzdem bleibt die Frage, weshalb insgesamt so lange. Um darauf eine Antwort zu finden, habe ich mir die Arbeiten an der U1-Haltestelle Steinstraße mal angeschaut. Und was sofort auffällt: Es bleibt fast kein Stein auf dem anderen.  

Der barrierefreie Ausbau 

Genau wie die anderen U-Bahn-Haltestellen Jungfernstieg, Mönckebergstraße und Rathaus, die alle parallel umgebaut werden, wird auch in der Steinstraße der Bahnsteig teilerhöht, ein taktiles Leitsystem installiert und vor allem: ein Aufzug eingebaut.  

Bei der Erhöhung des Bahnsteigs sowie beim taktilen Leitsystem zeigen die Fotos schon sichtbare Fortschritte.  

Barrierefreier Ausbau Steinstraße
Das Schachbrettmuster steht für den Bahnsteigbereich, der erhöht ist und somit einen niveaugleichen Ein- und Ausstieg ermöglicht 
Taktiles Leitsystem
Dort, wo man die Stahlstangen liegen sieht, wird künftig der Orientierungsstreifen für sehbehinderte Fahrgäste verlaufen

Deutlich aufwendiger sind die Arbeiten für den Aufzug. Zuerst einmal mussten hierfür sowohl die Roll- als auch die feste Treppe weichen, die von der Schalterhalle zum Bahnsteig führten. Während die Rolltreppe durch den Aufzug ersetzt wird, kann die feste Treppe nach Abschluss der Arbeiten wieder eingebaut werden – sie wird dann allerdings etwas schmaler sein.  

Barrierefreier Ausbau Steinstraße
Die Treppe wurde für den Einbau des Aufzugs vorübergehend abgerissen 

Warum der Einbau eines Aufzugs so herausfordernd ist 

In der Steinstraße kann man sich das Ganze so vorstellen: Oberhalb befindet sich natürlich die Steinstraße, von der aus man künftig in den Aufzug ein- und aussteigen kann. Eine Ebene darunter befindet sich der für den Straßenverkehr wichtige Wallringtunnel. Und erst darunter befindet sich dann der U-Bahn-Tunnel. Um Straße und Bahnsteig also mit einem Aufzug verbinden zu können, muss man erst einmal die Zwischenebene Wallringtunnel durchqueren. Das führt dazu, dass es für den genauen Standort des Aufzugs nur sehr wenig Möglichkeiten gibt, wie das auch am Jungfernstieg der Fall ist. Die optimale Lösung: Den Aufzug zwischen den beiden Fahrbahnröhren des Wallringtunnels hindurchzuführen. Das Besondere dabei: Zwischen den beiden Fahrbahnröhren befindet sich ein Technikraum des Wallringtunnels, in den der Aufzugschacht nun integriert werden muss. 

Barrierefreier Ausbau Steinstraße
Anstelle der roten Markierung wird sich künftig der Aufzug befinden 

Für den Aufzugsschacht müssen also zwei Deckenöffnungen geschaffen werden: Zum einen zwischen Oberfläche und Technikraum (Wallringtunnel) und zum anderen zwischen Technikraum und U-Bahnhaltestelle. Das erste Loch existiert bereits. Das heißt, von oben kann man bereits in den Technikraum sehen. Das zweite Loch steht aktuell an. Dieses wird mit Hilfe einer Seilsäge und Kernbohrungen geschaffen und anschließend in Form mehrerer Betonblöcke mit einem Telekran ausgehoben. 

Aufzugschacht
Die obere Deckenöffnung existiert bereits, der untere Betonblock wird aktuell durchbrochen 

Damit die Decke zur Bahnsteigebene aber überhaupt durchbrochen werden kann, mussten links und rechts des künftigen Aufzugs 80 Schwerlaststützen eingebaut werden, um die Statik zu sichern und einen Einbruch der gesamten Decke zu verhindern. Da sich links und rechts der Aufzugsfläche die Gleise befinden, mussten diese vorübergehend für die Schwerlaststützen zurückgebaut werden. Daran wird deutlich, weshalb hier auch für mehrere Wochen schlicht keine U-Bahn-Züge fahren können. 

Schwerlaststützen
Links erkennt man die Schwerlaststützen im Gleisbett, die den Betrieb unmöglich machen

Wie geht’s dann weiter?

Sobald das Loch geschaffen ist, können die Außenwände des Aufzugs betoniert und die Schwerlaststützen im Anschluss entfernt werden. Erst dann können die Gleise freigegeben sowie die Treppe wieder eingebaut werden und damit auch die U-Bahnen wieder rollen. Betrachtet man die Sperrung einmal aus diesem Blickwinkel, wirken 10 Wochen gar nicht mehr so lang wie ich finde. Und um die Sperrung auch auf diese 10 Wochen beschränken zu können, werden alle Arbeiten, die im laufenden Betrieb möglich sind, im Anschluss gemacht. Heißt konkret: Mitte August fahren die U-Bahnen wieder. Der Aufzug wird aber erst im kommenden Frühjahr 2021 voll funktionsfähig sein.  

Übrigens: Dieser wird mit 15 Meter Förderhöhe künftig der tiefste Aufzug im HOCHBAHN-Netz sein.  

Steinstraße wird auch noch gleich modernisiert 

Damit die Haltestelle auch sonst auf dem neuesten Stand ist, wird sie im Rahmen der Arbeiten modernisiert. Das umfasst Faktoren wie Lüftungsanlagen, Kabelverlegungen, Stromversorgung sowie die Einrichtung sogenannter Rauchschürzen als Brandschutzvorkehrung. 

Hierbei handelt es sich um Glas-Fassaden, die in Richtung des Ausgangs oberhalb der Gleise eingebaut werden. Sie dienen als Barrieren, damit im Falle einer Rauchentwicklung auf dem Bahnsteig der Rauch nicht in die Schalterhallen ziehen und damit den Fluchtweg versperren kann. Mithilfe dieses Systems sammelt sich der Rauch also erstmal für eine Weile oberhalb des Bahnsteigs, sodass in dieser Zeit eine sichere Evakuierung der Fahrgäste stattfinden kann. 

Rauchschürze
Die Grundlage für die Fassaden wurde bereits geschaffen. Dort, wo aktuell die Holzbalken zu sehen sind, befinden sich künftig die Verglasungen gegen den Rauch 

Und Jungfernstieg? 

Natürlich sind auch hier die Arbeiten in vollem Gange. Seit meines letzten Einblicks hat sich so einiges getan: Die Wand- und Bodenbeläge in Schalterhalle A und C sowie auf dem Bahnsteig sind komplett abgebrochen und auch die anschließenden Putz- und Fliesenarbeiten haben bereits begonnen.  

BfrA Jungfernstieg
Die Wand- und Bodenbeläge am Jungfernstieg werden erneuert 

Die gesamte Elektrik bzw. Beleuchtung wurde demontiert und parallel finden die ersten Kabelzugarbeiten für den späteren Aufzug statt. 

Man kann also sehen: Es wird eifrig gewerkelt. Die Ferienzeit wird in den nächsten Wochen noch ausgenutzt, sodass der Betrieb schon bald wieder aufgenommen werden kann – dann haben die Haltestellen zwar an der ein oder anderen Stelle noch Baustellencharakter, aber dafür können wir mit der U1 schon wieder in die Innenstadt 😊  

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9 Kommentare zu: U1-Sperrung – Wieso dauert das eigentlich sooooo lange?

  1. Hallo Frau Steinat,
    vielen Dank für Ihre Antwort!
    Das freut mich zu hören, dass die U1-Sperrung 2022 nicht solange dauern soll. Wenn die S-Bahn GmbH dazu noch die Sanierung ihrer Tunnelhaltestellen in den Zeitraum legen könnte, in der U1 und U3 fahren, dann wäre schon viel gewonnen.
    Bleiben Sie gesund!

  2. Wie man im letzten Bild sehen kann werden bei Jungfernstieg tatsächlich die wände erneuert. Werden wieder Fliesen benutzt oder Paneele? Gibts schon Bilder für den neuen Entwurf? Ich bin gespannt wie es aussieht, ich hoffe wieder etwas in orange.

    1. Die U1-Haltestelle Jungfernstieg wird künftig in einem schwarz-weißen Kontrast gestaltet, die Hintergleiswände werden dafür in schwarz gestrichen. Die Haltestelle soll so etwas mehr Tiefe (Größe) erhalten.

  3. Warum wird nicht gleichzeitig der Bahnsteig in der Haltestelle Messberg erhöht? So könnte doch eine erneute Sperrung dieses wichtigen Streckenabschitts vermieden werden.

    1. Unsere Planer überlegen natürlich immer, Baumaßnahmen zu bündeln, wenn diese sinnvoll ist. In diesem Fall klappt das allerdings nicht, denn für die Erhöhung des Bahnsteiges müssen wir eine Entrauchungsanlage einsetzen und die komplette Haltestellen neu bauen. Das hätte zur Folge, dass die Willy-Brandt-Straße gesperrt würde. Da die viel befahrene Hauptverkehrsstraße aber während der Sperrung der Mönckebergstraße einen großen Teil des Innenstadtverkehrs trägt, gehen wir hier schrittweise vor und legen die Baumaßnahmen nicht zusammen.

      1. Hallo Herr Kreienbaum,
        von der U3-Sperrung ist ja bekannt, dass diese mehr als ein Jahr dauern wird. Im Anschluss muss ja dann nochmal die U1 wegen Meßberg gesperrt werden. Wieviel Monate sind denn dafür geplant?
        Und ist mit der S-Bahn wenigstens abgesprochen, dass während diesen geschätzt 2 Jahren U-Bahn-Unterbrechungen keine Sperrungen des City-Tunnels erfolgen?
        Nebenbei: Es geht ja nicht (nur) um „Einschränkungen der Bequemlichkeit“, sondern gerade jetzt aktuell und solange es keinen Impfstoff gibt: Wie sollen die Fahrgäste den geforderten Mindestabstand von 1,50 m einhalten, wenn sie sich dann in die wenigen – und auf der U3 dazu noch kurzen – Züge quetschen müssen? Ich vermute, dadurch wird der ÖPNV weitere Fahrgäste an das Auto verlieren…

      2. Bei der U1-Sperrung im Rahmen des barrierefreien Ausbaus der Haltestelle Meßberg wird es sich voraussichtlich um ein paar Wochen, nicht aber um mehrere Monate handeln. Baubeginn ist für 2022 geplant. Was die Planungen betrifft, steht die HOCHBAHN natürlich zusammen mit den Behörden auch im Austausch mit der S-Bahn Hamburg.
        Mit steigenden Fahrgastzahlen kann nicht immer sichergestellt werden, dass die Fahrgäste den Abstand von 1,50 Meter einhalten können. Daher gilt in Bussen und Bahnen ja auch die Maskenpflicht, um trotzdem vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen. Infos rund um den U1-Ersatzverkehr in Zeiten von Corona finden Sie hier: https://dialog.hochbahn.de/allgemein/u1-sperrung-und-corona/

  4. Vielen Dank für die Info´s und den Einblick in die beiden Haltestellen zum barrierefreien Ausbau. Es läßt sich erahnen, wie schwierig die Arbeiten sind.

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