Mit der U-Bahn nach Eimsbüttel – der erste Abschnitt der Hellkamp-Linie entsteht

Mit der Inbetriebnahme der Ringlinie im Februar 1912 begann in Hamburg das U-Bahn-Zeitalter. Die Kernbereiche der Stadt wurden mit dem U-Bahn-Ring um die Alster als erste erschlossen, hinzu kamen drei Zweiglinien, die städtische Wachstumsgebiete und bestehende Wohnquartiere anschlossen. Eine dieser Verbindungen – die heutige U2- führte ins dicht besiedelte Eimsbüttel. Der erste Abschnitt der später „Hellkamp-Linie“ genannten U-Bahn-Verbindung mit den Haltestellen Christuskirche und Emilienstraße wurde bis Oktober 1913 in Betrieb genommen.

Als Eimsbüttel 1275 erstmals urkundlich erwähnt wurde, war es ein Dorf mit ein paar kleinen Bauernhöfen vor den Toren Hamburg. Das ländliche Idyll zog schon im 17. Jahrhundert erste betuchte Hamburger Bürger an, die sich in Eimsbüttel Landhäuser bauen ließen. Bis heute sind die Namen einiger dieser Familien – Doormann, Faber, Lappenberg, Lastrop oder Lutteroth – als Straßennamen in Eimsbüttel präsent. Verschiedene Gasthäuser und Restaurationen lockten zudem Ausflügler ins beschauliche Eimsbüttel. Eine Pferdeomnibuslinie sorgte ab 1840 für eine erste Verkehrsanbindung zwischen dem Zentrum Eimsbüttels – etwa dort, wo sich heute die Osterstraße und der Heußweg treffen – und dem Hamburger Jungfernstieg. 

Durch die Aufhebung der Torsperre 1861 war Hamburg nun uneingeschränkt für Waren- und Personenverkehr zugänglich. In der Folge erlebte die Wirtschaft einen dynamischen Aufschwung, der sich auch in Eimsbüttel niederschlug. Es entstanden neue Straßen mit mehrstöckigen Wohnhäusern, Geschäfte und viele Handwerksbetriebe siedelten sich ebenfalls an. Die Einwohnerzahl entwickelte sich ebenso schwungvoll: Lebten dort 1866 noch 3.082 Menschen, waren es 1874, als Eimsbüttel zur Vorstadt erhoben wurde, bereits 9.000 und sechs Jahre später mehr als 16.000. Spätestens als die Firma Beiersdorf 1892 ihre Fabrik in Eimsbüttel aufbaute, war aus dem ländlichen Dorf ein wichtiger und inzwischen dicht besiedelter Industriestandort geworden. Bei der 1894 vollzogenen Eingemeindung war Eimsbüttel hinter Barmbek der zweitgrößte Stadtteil Hamburgs. 

Die Strecke zwischen Christuskirche und Fruchtallee während der Bauphase im Jahr 1911.
Bauarbeiten an der Tunnelstrecke von der Haltestelle Christuskirche bis zur Grenze zwischen Fruchtallee Nr. 78 und Nr. 80 am 26. März 1911.

Moderner Nahverkehr für einen dynamischen Stadtteil 

Dass die 1868 eingerichtete Pferdeeisenbahn, die im 30-Minuten-Takt in die Innenstadt fuhr, für den pulsierenden Stadtteil nicht mehr ausreichte, war schnell klar. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde daher zunächst der Bau einer Schwebebahn angedacht, doch letztlich bekam die Hoch- und Untergrundbahn Vorfahrt, nicht zuletzt, weil sie mit offenen Strecken, Viadukten, Tunneln oder auf Erdwällen geführten Strecken flexibler in die bestehenden Stadtstrukturen eingepasst und ebenso leichter erweitert werden konnte. 

Und so wurde der Bau einer von der Ringlinie abzweigenden U-Bahn-Linie am 19. August 1905 vom Senat beschlossen und 1909 schließlich begonnen. 

Baugrube mit Blick aus dem Tunnel in der Fruchtalle im Mai 1911.
Tunnelbaugrube in der Fruchtallee. Übernehmer S. & H. A. G. Berlin. Aufgenommen 25.05.1911.

Zwischenhalt: Emilienstraße 

Die Ringlinien-Haltestelle Schlump erhielt dafür eine oberirdische Abzweigung, die nach einer Linkskurve unterhalb der Straße Moorkamp in einen Tunnel mündete, der nach einem kleinen Schwenk nach rechts unter der Fruchtallee verlief. Nach 750 Metern folgte die erste Haltestelle der später „Hellkamp-Linie“ genannten Strecke: Christuskirche. Namensgebend war die zwischen 1882 und 1884 errichtete neugotische Kirche gleich nebenan. Die von den Architekten Volz und Vogel entworfene Haltestelle wurde am 1. Juni 1913 in Betrieb genommen, allerdings zunächst mit einem eingleisigen Pendelbetrieb. Für die kommenden Monate blieb Christuskirche erst einmal Endhaltestelle. Zwar war klar, dass die U-Bahn weitergebaut würde, doch wie genau war umstritten. 

Das Schienennetz am Schlump im September vor 110 Jahren.
Gleisführung am Schlump mit der Abzweigung nach Eimsbüttel im September 1913.

Mehr U-Bahn für Eimsbüttel 

Ursprünglich sollte die Strecke weiter bis zum Eimsbütteler Marktplatz geführt werden, wo die Endhaltestelle der Linie mit einer Abstellanlage entstehen sollte. Der Nachteil dabei: Die U-Bahn würde nur den Rand Eimsbüttels tangieren. Daher wurde nach der Umsetzung des ersten Bauabschnittes mit der Unterquerung des Isebekkanals und dem Rohbau der Haltestelle Christuskirche der weitere Streckenverlauf zum Jahreswechsel 1910/11 komplett umgeplant und die Strecke verlängert.  

Die Idee, die Strecke hinter der Christuskirche oberirdisch zu führen wäre zwar kostengünstiger gewesen, wurde jedoch wegen der massiven Veränderungen im Stadtteil und des Widerspruchs der Bewohnerschaft verworfen. Stattdessen wurde also die Tunnelstrecke  bis zur Emilienstraße fortgeführt, wo eine Tunnelhaltestelle mit Mittelbahnsteig  gebaut wurde. Zur Eröffnung am 21. Oktober 1913 wurde der bisherige Pendelbetrieb vom Schlump aus bis zur neuen Endhaltestelle Emilienstraße ausgedehnt. Unterdessen waren die Planungen für den weiteren Verlauf finalisiert und um zwei Haltestellen ergänzt worden, während die Bauarbeiten weiterliefen. Bald führte die U-Bahn als Tunnelstrecke quer durch Eimsbüttel: Hinter der Haltestelle Emilienstraße bog die Linie unter dem Eimsbütteler Marktplatz in den Heußweg ab. Mitten im Zentrum Eimsbüttels, an der Kreuzung mit der Osterstraße, wurde die gleichnamige, mit einem Mittelbahnsteig versehene Haltestelle angelegt. Dem Straßenverlauf weiter folgend wurde die U-Bahn vom Heußweg aus im Stellinger Weg weitergebaut, wo an der Ecke zum Hellkamp die Endhaltestelle mit einer dahinter liegenden Abstellanlage errichtet wurde. Ende Mai 1914 war die Zweiglinie nach Eimsbüttel schließlich komplett fertiggestellt und wurde in Betrieb genommen. 

Damit hatten die mittlerweile mehr als 120.000 Bewohner*innen des zweitgrößten Stadtteils Hamburgs nunmehr durch mehrere Haltestellen gut erreichbaren Zugang zum modernen Verkehrsmittel U-Bahn erhalten. So ging es für die Eimsbüttler*innen nun einfacher in weite Teile der Stadt hinaus und vor allem berufliche Wege waren leichter zu bewältigen. Insbesondere für diejenigen Arbeiter*innen, die sich im Hafen verdingten, war die U-Bahn nun eine Alternative zum langen Fußmarsch. Überhaupt rückte die noch immer wachsende Stadt durch die U-Bahn weiter zusammen, denn die inneren Distanzen überbrückte das neue Verkehrsmittel schnell und zuverlässig. In Eimsbüttel kam die U-Bahn jedoch zunächst nicht weiter als zum Hellkamp, denn kurz dahinter lag die Hamburgische Stadtgrenze. Und mit dem Nachbarstaat Preußen konnten sich die Stadt Hamburg und die HOCHBAHN nicht auf eine Fortführung der U-Bahn einigen. 

Die Geschichte der „Hellkamp-Linie“ ist damit jedoch noch nicht zu Ende erzählt. Mehr zu Umbauten und Erweiterungen sowie der Stilllegung der Haltestelle Hellkamp folgen! 


Auch interessant:

Blick auf eine bewegte Vergangenheit: 60 Jahre Wandsbek-Gartenstadt

Die Operation Gomorrha – 80 Jahre Feuersturm

Kommentieren

2 Kommentare zu: Mit der U-Bahn nach Eimsbüttel – der erste Abschnitt der Hellkamp-Linie entsteht

  1. Guten Tag,

    per Zufall bin ich auf Ihre Seite gekommen und habe dann hier den historischen Teil entdeckt. Wirklich gut aufbereitet. Eine Frage- es gab unter der Ringlinie in Höhe des Lindenplatzes eine Bauvorleistung für die Freihafen-U-Bahn in Form einer Unterführung der Ringleise. Muss in etwa da gewesen sein, wo die U1 von HBF kommend die U2 Gleise unterfährt . Gibt es diese Bauvorleistung aus dem Jahr 1912 noch und gibt es Fotos vom Tunnel, denn der Gesamte Ringbahntunnel ist ja auch gleich zu Beginn des U-Bahnbaus 1912 breiter ausgeführt worden, um eine Haltestelle Lindenplatz aufzunehmen ?

    1. Moin, schön zu lesen, dass Sie Gefallen an den historischen Themen im Blog gefunden haben. Tatsächlich gab es eine Bauvorleistung am Lindenplatz für die von Ihnen angesprochene Freihafen-U-Bahn. Nachdem diese Linie nicht realisiert wurde, sind im Zuge der Umbauten der Haltestelle Berliner Tor Mitte der 1960er Jahre auch die Vorleistungen entfernt worden. Fotos sind im historischen Archiv der HOCHBAHN jedoch leider nicht erhalten.

Schreibe einen Kommentar