Damit der U-Bahn-Verkehr reibungslos funktioniert, braucht es eine logistisch und technisch ausgeklügelte Infrastruktur. Denn nur, wenn Reparaturen und Wartungen wie geschmiert laufen, kann die U-Bahn wie gewohnt zuverlässig fahren. Um dies auch für das wachsende U-Bahn-Netz garantieren zu können, gibt es seit Anfang der 1960er Jahre einen zweiten technischen HOCHBAHN-Standort: Die U-Bahn-Betriebswerkstatt Farmsen, die im Laufe des Jahres 1964 schrittweise in Betrieb genommen wird.
Aber einen Schritt zurück: Ab Mitte der 1950er Jahre wird das U-Bahn-Netz in Hamburg stark ausgebaut. Die Haltestellen Steinstraße und Meßberg schließen eine innerstädtische Lücke zwischen Jungfernstieg und Hauptbahnhof und sind zugleich wesentlich für die Weiterführung der U-Bahn nach Wandsbek. Mit der später U1 genannten Linie wird eine direkte Verbindung vom bisher durch Schnellbahnen kaum erschlossenen Osten Hamburgs in die Innenstadt geschaffen. Doch der Bau der neuen, 9,1 km langen U-Bahn-Strecken macht auch weitere technische Infrastruktur notwendig. Denn der bisherige Betriebshof mit seiner U-Bahn-Hauptwerkstatt in Barmbek stammt noch aus der Anfangszeit der Ringlinie. Und obwohl er seit 1912 mehrfach erweitert und modernisiert wird, sind seine Kapazitäten ausgereizt. Zumal die Abstellanlage und Wagenhalle mit Wartungsgruben, die 1925 hinter der Haltestelle Rothenburgsort errichtet wird, zusammen mit der gesamten Zweiglinie nach Rothenburgsort im Zweiten Weltkrieg so stark zerstört wird, dass sie nicht wiederaufgebaut wird.
1960: Planungen für zweite U-Bahn-Betriebswerkstatt beginnen
Entsprechend muss parallel zum Neubau der U-Bahn-Strecken auch mehr technische Kapazität her. Daher laufen seit 1960 die Planungen für die Errichtung einer zweiten U-Bahn-Betriebswerkstatt, deren Hauptaufgaben bei routinemäßigen Wartungen sowie kleineren Reparaturen liegen. Um auf diese Weise den U-Bahn-Betrieb technisch unterstützen zu können, muss der Standort von bestehenden, aber auch von den neuen Strecken aus gut und schnell erreichbar sein, nicht zuletzt, um die Anzahl der Leerfahren möglichst gering zu halten. Gleichzeitig werden für die technische Ausstattung modernste Standards zugrunde gelegt.
Die Wahl fällt auf eine Fläche an der Strecke Barmbek – Volksdorf, nördlich der Haltestelle Farmsen. Hier werden zwei Abstellanlagen errichtet, die Raum für fast 200 Wagen bieten.
Außerdem wird ein 1.850 Meter langes Gleis für Versuchs- und Abnahmefahrten gebaut. Im südlichen Teil liegt zudem das eigentliche Herz der Anlage, das aus der Wagenhalle, dem Stellwerk und der Waschanlage besteht.
Platz für Wartung, Reparaturen und Reinigung
Die 138 Meter lange und 17 Meter breite Wagenhalle bekommt drei vollisolierte Gruben mit seitlichen Werkzeugablagen und Leuchtstoffröhrenbeleuchtung. Die Wartungsgrube ist für die im 14-tägigen Turnus anfallenden Revisionsarbeiten inklusive kleinerer Reparaturen sowie die Innenreinigung vorgesehen. Die Reparaturgrube mit aufgeständertem Gleis und durchlaufenden Seitenbuchten ist für den Austausch größerer Aggregate und die Ausführung kleinerer Reparaturen ausgelegt. Eine kombinierte Wartungs- und Reparaturgrube ermöglicht außerdem eine Nutzung für Revisionsarbeiten, Innenreinigung und kleineren Reparaturen gleichermaßen, was die Flexibilität in der Betriebswerkstatt deutlich erhöht. An der Westseite der Wagenhalle befindet sich ein Anbau mit Nebenwerkstätten wie der Schlosserei, dem Ersatzteillager, dem Meister-Büro und dem Haupteingang. Im ersten Stockwerk sind zudem Wasch- und Sanitärräume, Umkleiden und eine Küche mit Aufenthaltsraum und Essensausgabe untergebracht.
Während einer wochentäglichen Schicht mit einem Vorhandwerker mit sechs Arbeitern sowie einem Vorarbeiter mit 16 Reinigungskräften können je Arbeitstag 128 Wagen gewartet werden. Dabei beträgt die Standzeit für einen Durchlauf mit Einstellung der Bremsen, Sichtprüfung der Drehgestelle und Untergruppen sowie Funktionsprüfung von Heizung und Beleuchtung mit gleichzeitiger Innenreinigung eine Stunde. Darüber hinaus werden Kapazitäten bereitgehalten, um Instandsetzungen an während des laufenden U-Bahn-Betriebs ausgefallener Wagen durchzuführen.
Highlight: Neue Waschanlage
Vor der Revision werden alle Wagen gereinigt. Hierfür wird neben der Wagenhalle eine neuartige Waschanlage eingerichtet: Von einer kleinen Anhöhe aus rollen die Wagen stromlos mit einer Geschwindigkeit von 10-15 Metern pro Minute in die Halle, in der sie automatisch mit Waschmittel besprüht und von mehreren Bürstenpaaren gereinigt werden. Lediglich Front, Heck und die Innenbereiche säubert das Team damals per Hand.
Mit einem Personalbedarf von einem Vorarbeiter, zwei Fahrern für das Umsetzen sowie zwei Arbeitern für die Reinigung können in der Waschstraße 32 Wagen pro Stunde gereinigt werden. Die Teilautomatisierung des Waschens führt zu einer erheblichen Rationalisierung: Sind vorher 25 Arbeiter mit der Pflege von 500 Fahrzeugen beschäftigt, können nun fünf Beschäftigte 780 Wagen reinigen.
Gleichzeitig senkt die neue Anlage die Betriebskosten und nimmt erstmals Umweltaspekte in den Blick, denn sämtliches benutztes Waschwasser wird mit einer speziellen Anlage aufgefangen und zur Wiederverwendung aufbereitet. Später wird die Anlage so umgerüstet, dass auch Regenwasser genutzt werden kann, was die Umweltbilanz nochmals verbessert.
1964: Die neue Werkstatt geht in Betrieb
Nach ersten Tests im Stellwerk, die schon 1963 durchgeführt werden, können einige Gleise ab dem 4. Januar 1964 genutzt werden und im Laufe des Jahres nimmt die Betriebswerkstatt dann schrittweise ihre Arbeit mit voller Kapazität auf.
Seitdem wurden die Gleisanlagen, die Halle und auch die Waschanlage mehrfach modernisiert und auf die Anforderungen der jeweiligen U-Bahn-Typen und neuen Arbeitsprozesse angepasst. So kann der DT5 hier gewartet und repariert werden. Das früher teils in Handarbeit durchgeführte Waschen ist mittlerweile vollständig automatisiert und wird nun in 34 Minuten absolviert. Dabei ist Nachhaltigkeit wichtiger denn je: Seit 2023 ist in der Betriebswerkstatt eine neue Waschanlage im Einsatz. Der Clou: Die integrierte, moderne Wasseraufbereitungsanlage sorgt dafür, dass insgesamt etwa 90 % weniger Frischwasser eingesetzt wird als bisher!
Mit ihren vielen Arbeitsbereichen und den großen Abstellflächen ist die Betriebswerkstatt in Farmsen auch heute ein wesentlicher Baustein der technischen Infrastruktur im U-Bahn-Betrieb und sorgt für einsatzbereite Fahrzeuge und damit einen reibungslosen U-Bahn-Verkehr.
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Moin,
danke für den interessanten Bericht etwas abseits vom normalen Betriebsgeschehen.
In den Onlinebeständen des Staatsarchivs befindet sich eine Luftaufnahme von dem Baufeld noch ohne Gebäude (~1963): https://recherche.staatsarchiv.hamburg.de/ScopeQuery5.2/detail.aspx?ID=1907625