Eifriges Treiben auf den Straßen, gut besuchte Restaurants und eine volle Mönckebergstraße am Wochenende – Wenn man sich etwas umblickt, entsteht leicht der Eindruck, dass alles wieder beim Alten ist.
Auf jeden Fall ist es erfreulich, dass Geschäfte wieder geöffnet sind, Gastronomien bestuhlen und auch Kinos, Friseursalons oder Fitnessstudios ihre Türen öffnen.
Trotzdem müssen wir natürlich Vorsicht walten lassen und uns bewusst sein, dass wir uns in einer neuen Normalität befinden, in der es nach wie vor gilt, eine Ansteckung mit dem Corona-Virus zu vermeiden.
In einem älteren Blogbeitrag habe ich euch Maßnahmen der Hochbahn vorgestellt, die ergriffen wurden, um sowohl Fahrerinnen und Fahrer als auch die Fahrgäste vor einer Infektion zu schützen. Und damit das eben weiterhin der Fall ist, hat sich an den Maßnahmen bislang auch nichts geändert – außer einer Sache: Ab heute sind in ganz Hamburg mobile Hygieneteams unterwegs, die Busse und Bahnen der Hochbahn, S-Bahn und VHH sowie U-Bahnhaltestellen zusätzlich zur Standardreinigung täglich desinfizieren. Im besagten Blogbeitrag hatte ich noch erklärt, weshalb die Verkehrsbetriebe in Hamburg genau das nicht tun.
Warum dieser Sinneswandel? Eine spannende Frage, die ich nicht auf sich beruhen lassen wollte.
Wieso die Fahrzeuge nun zusätzlich desinfiziert werden
Mit den schrittweisen Lockerungen sind auch wieder mehr Fahrgäste unterwegs und die Busse und Bahnen füllen sich. Bereits jetzt liegen die Fahrgastzahlen bei etwa 55% im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Der ein oder andere mag sich dabei etwas unwohl fühlen, da sich nun wieder mehr Menschen einen begrenzten Raum in Bus und Bahn teilen und man mit Oberflächen, wie beispielsweise Handgriffen oder Haltestangen, in Berührung kommt, die zuvor von einer Vielzahl anderer berührt wurden.
Im Rahmen von Kundenbefragungen haben viele Fahrgäste deshalb den Wunsch geäußert, die Oberflächen zu desinfizieren, um sich trotz steigender Fahrgastzahlen sicherer zu fühlen.
Diesem Wunsch kommen die Hochbahn sowie S-Bahn Hamburg und VHH nun nach.
In Null Komma Nix desinfiziert: Wie das Ganze ohne Beeinträchtigung des Betriebs funktioniert
Wichtig ist vor allem, dass sich die Fahrgäste weiterhin auf den regulären Fahrplan verlassen dürfen und der Betrieb durch die Desinfektionsmaßnahme nicht beeinträchtigt wird. Das funktioniert folgendermaßen:
In Bussen
Im Falle der Busse von Hochbahn und VHH passiert das Ganze an insgesamt zehn Orten: Auf der Adenauerallee, am Borgweg sowie auf den Busumsteigeanlagen in Altona, Billstedt, Rahlstedt, Wandsbek Markt, Harburg, Wilhelmsburg, Veddel und Poppenbüttel ist ein Team vor Ort, das die Busse direkt nach dem Fahrgastausstieg entert und sie desinfizierend reinigt. Möglich ist das bei allen Bussen, die sich im regulären Betrieb länger als sechs Minuten zwischen Ankunfts- und erneuter Abfahrtszeit auf der Busumsteigeanlage oder der Haltestelle aufhalten. Während die Busfahrerinnen und Busfahrer also ohnehin eine kurze Pause einlegen, nutzen die Hygieneteams die Gelegenheit, um einmal durchzuwischen. Umgerechnet kann jede Reinigungskraft pro Stunde 10-20 Busse desinfizieren.
Nach ca. zwei Stunden sind die Teams dann mit dem gesamten Busumlauf auf einer Anlage durch und „springen“ zur Nächsten. Und wenn auf dem Weg noch eine U-Bahn-Haltestelle liegt, kann es auch vorkommen, dass diese gleich mit gereinigt wird. Je nach Größe benötigen die Teams hierfür 10-20 Minuten.
Pro Tag werden damit bis zu 90% aller Haltestellen im gesamten U-Bahn-Netz gereinigt. Bei den Bussen handelt es sich um ein knappes Viertel der Gesamtflotte, die in Betrieb ist.
In Bahnen
Im Falle der U-Bahnen spielt sich die Aktion an folgenden Haltestellen ab:
U1: Norderstedt, Ohlsdorf
U2: Niendorf Markt, Billstedt, (Sonnabend: Mümmelmannsberg)
U3: Barmbek, Wandsbek-Gartenstadt
U4: Billstedt (Sonntags: Elbbrücken)
Hier sind Teams unterwegs, die sich innerhalb von sieben bis zehn Minuten um die Reinigung der Fahrzeuge kümmern. Das ist die Zeit, in der die Bahnen an den Endhaltestellen ihre Fahrtrichtung wechseln. Bis der Umlauf aller Fahrzeuge einer Linie durch ist, vergehen je nach Haltestelle 1,5 bis 3 Stunden. Ist die Arbeit einmal getan, geht es auch hier weiter zur nächsten Haltestelle.
Am Ende des Tages ist damit ein gutes Drittel aller U-Bahnen gereinigt.
Eine ganz schöne Meisterleistung wie ich finde, wenn man bedenkt, dass das alles während des Betriebs und zusätzlich zur Standardreinigung passiert.
Was genau wird denn desinfiziert?
Es werden alle Oberflächen gereinigt, mit denen sowohl die Fahrgäste als auch die Fahrerinnen und Fahrer in Berührung kommen können. In den Fahrzeugen gehören dazu beispielsweise Haltestangen und -schlaufen, Griffe, Lenkräder, Bedienknöpfe und Türdrücker. An den Haltestellen sind es Geländer, Handläufe an Rolltreppen sowie normalen Treppen, ebenso wie Knöpfe in Aufzügen und Fahrkartenautomaten.
Die Desinfektion erfolgt mit vorgetränkten Mikrofasertüchern, die nach jeder Nutzung in Behälter geworfen und nach gründlicher Reinigung wiederverwertet werden. Diese Methode wurde gewählt, da sie im Vergleich zu Desinfektionssprays ökologischer ist und eine potenzielle Überdosierung vermeidet.
Ganz schön viel los
Das nenne ich mal ein taffes Programm. Ab heute werden die Kolleginnen und Kollegen der Tereg an sieben Tagen die Woche unterwegs sein, um die Verbreitung des Corona-Virus weiter einzudämmen. Wenn ihr also fleißige Helferinnen und Helfer seht, die in gelben Westen gekleidet durch die Haltestellen und Fahrzeuge springen, wisst ihr wieso 😊
Aber Vorsicht: Aktueller Stand des Robert-Koch-Instituts ist nach wie vor, dass Corona primär per Tröpfcheninfektion übertragen wird. Die Schmierinfektion spielt eine untergeordnete Rolle. Ob die Ansteckungsgefahr durch das Berühren von Oberflächen bislang größer war, kann man also nicht gesichert sagen. In jedem Fall aber gibt es uns als Fahrgäste ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Fahrzeuge nun auch desinfiziert werden und wir damit zusätzlich vor einer potenziellen Ansteckung geschützt sind.
Wichtig ist aber, dass auch ihr weiterhin zum Schutze aller beitragt, indem ihr eine Mund-Nasen-Bedeckung tragt und – wenn möglich – den Abstand zueinander haltet. So schaffen wir es von der heutigen Normalität hoffentlich auch wieder gemeinsam in die guten alten Zeiten 😊
Ich habe gestern zufällig über Forschungen mit UVC-Fernlicht 222 nm gelesen, siehe http://www.icovir.com . Könnten diese Lampen auch in den Zügen der DT4 und DT5 und in den Bussen zusätzlich zur Beleuchtung verwendet werden, um die Luft keimfrei zu halten und so das Ansteckungsrisiko mit Coronavirus, Tuberkulose, Influenzaviren, Rhinoviren und Erkältungsviren erheblich zu mindern, so weit dass Mundschutz und Abstand dann eventeull überflüssig werden könnten? Das sollte getestet und erprobt werden, ob das Ganze auch funktioniert. Auch es wäre denkbar, das UVC-Fernlicht 222 nm auch als zusätzliche Haltestellen- und Bahnsteigbeleuchtung zu verwenden, um auch die Luft der Haltestellen und Bahnsteighallen keimfrei zu haltne bzw. die Viren in den Aerosolen abzutöten. Auch das sollte getestet werden. Auch die Luftfilteranlagen in den Fahrzeugen könnten mit UVC-Fernlicht 222 nm ergänzt bzw. kombiniert werden, auch da wären Versuche nötig.
Die HOCHBAHN steht in ständigem Austausch mit den Behörden sowie dem Robert Koch-Institut, um zielführende Maßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus einzusetzen. Auf Basis dessen wurde ja auch beschlossen, die Maskenpflicht im ÖPNV einzuführen, alle Türen zur besseren Durchlüftung zu öffnen, auf Abstand zu achten sowie die Fahrzeuge zusätzlich zur Standardreinigung täglich zu desinfizieren.
Ist das ganze nicht ein wenig übertrieben? Das RKI und andere Institutionen haben doch klar kommuniziert, dass Covid-19 generell nicht durch eine Schmierinfektion übertragen wird und die nötigen (persönliche) Hygienemaßnahmen ausreichend sind. Abgesehen davon, dass eine solche Reinigung natürlich auch für die HOCHBAHN ein immenser Aufwand ist, finde ich auch, dass dadurch ein falsches Signal ausgesendet wird. Denn die Falschmeldungen, Gerüchte und Behauptungen über Corona sind vielfach im Umlauf. Um die Menschen zu beruhigen, wäre es demnach doch sinnvoller darüber zu informieren, wie die Übertragungswege der Krankheit wirklich sind. Denn auch wenn Reinigungen einige paranoide Nutzer beruhigen, nehmen diese die Reinigung als selbstverständliche und notwendige Maßnahme mit in andere Lebensbereiche. Es kann sich allerdings nicht jeder Supermarkt leisten, Reinigungskräfte einzustellen.
Sie haben recht, das Corona-Virus wird primär per Tröpfcheninfektion übertragen, die Schmierinfektion spielt laut RKI nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Das habe ich in diesem und allen vorangegangenen Blogbeiträgen ja auch immer betont. Und genau deshalb werden die Fahrgäste sowohl über die Fahrgastinformationen in Fahrzeugen und Haltestellen als auch hier auf dem Blog und Social Media darauf hingewiesen, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen und, wenn möglich, Abstand zu halten. Das sind nach wie vor die wichtigsten Maßnahmen, um uns vor einer Ansteckung zu schützen. Mit der Desinfektion kommen wir einem Wunsch der Fahrgäste nach, die sich besser fühlen, wenn sie wissen, dass die Fahrzeuge und Haltestellen bei steigenden Fahrgastzahlen zusätzlich gereinigt werden. Und schaden tut es auf keinen Fall 🙂