Einen Tag lang Busfahrer sein: heute war es soweit. Der Tag beginnt früh um 3, denn wie es das Schicksal (oder vielmehr der Dienstplan von Busfahrer Michael) will, startet unsere Frühschicht um 4:30 auf dem Betriebshof Harburg. Hier herrscht schon geschäftiges Treiben. Die Nachtschicht geht, die Frühschicht kommt – also auch Michael und ich.
Michael ist 53, verheiratet und hat zwei Kinder. Seit 29 Jahren als Busfahrer bei der HOCHBAHN und immer im Schichtdienst. Seit letztem Jahr fährt er immer nur in der Frühschicht im 6/3-Turnus – 6 Tage arbeiten, 3 Tage frei. Andere Kollegen fahren im 5/2-Rhythmus, haben dann klassisch das Wochenende frei. Nichts für Michael, dem machen Wochenenden und Feiertage nichts aus, schließlich hat er dafür frei, wenn andere arbeiten müssen.
Bevor wir vom Hof fahren, kriegen wir einen Bus, den wir den ganzen Tag fahren werden. Schnell noch den Rundumcheck, Arbeitsplatz einstellen und Wechselgeld (übrigens nie mehr als 40€) einlegen und los geht’s. Heute auf den Linie 142 und 145, immer im Wechsel bis heute Mittag 11:39 Uhr. Seinen genauen Dienstplan kennt Michael immer drei Tage im Voraus, wann er freie Tage haben wird, sogar schon ein ganzes Jahr vorher.
Draußen ist es noch stockfinster, an der ersten Station herrscht gähnende Leere. Erst an der zweiten steigt jemand hinzu. Ich sehe die Fahrgäste erst spät, Michael, ganz Profi, hat dagegen Adleraugen. Wir fahren weiter durch die Straßen, alles scheint noch zu schlafen, nur an den S-Bahn-Stationen steigen Leute aus oder zu. Verkehr ist bisher kaum, trotzdem schafft es ein kleiner Lieferwagen, die Haltestelle zuzuparken und wir müssen warten. Nach einer Stunde haben wir das erste Mal eine kurze Pause. Es ist mittlerweile 5 Uhr.
Nach und nach erwacht die Stadt, Leute steigen zu und es wird stetig voller. Michael verkauft den ersten Fahrschein des Tages und wir fahren an Bauarbeitern vorbei, die auf unserer Strecke gerade eine provisorische Baustelle aufstellen. „Ich weiß jetzt schon, dass uns das nachher Zeit kosten wird“, sagt Michael und soll Recht behalten.
Ab halb 6 werden die Straßen voller, wir müssen geduldiger sein, , immer mehr Lieferverkehr, das große Slalom-Fahren beginnt. Ich bin fasziniert, wie viel Feingefühl Michael mit diesem großen Gefährt beweist. Mal in Millimeterarbeit durch eine Lücke, im nächsten Moment senkt er den Bus noch ein weiteres Stück ab, damit ein Fahrgast mit Rollator besser aussteigen kann. Kurze Momente, die immer auch Einfluss auf seine Fahrzeit haben und schlimmstenfalls zu Verspätungen führen. Klar bedeutet das Druck, denn Fahrgäste wollen vor allem eines: pünktlich sein. Der Großteil der Fahrgäste ist trotzdem immer nett, einige sogar Stammfahrer – man kennt sich eben.
Durch Falschparker und die Baustelle von vorhin ist die nächste Pause auf mickrige 1:50 Minuten geschrumpft – darauf nimmt der Fahrplan aber keine Rücksicht. Es geht direkt weiter. Inzwischen ist es wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Selbst ich kenne jetzt den Linienverlauf schon. Michael kennt alle 26 Linien, die von Harburg aus bedient werden. Und weiß sowieso alles, was auf einer Fahrt relevant werden könnte.
6:45: Wir haben die erste längere Pause und frühstücken. Mit Schlag 7 Uhr wird es am Bahnhof Harburg und auch in unserem Bus dann rappelvoll. Es wird langsam hell, Erwachsene fahren zur Arbeit, Kinder zur Schule. Und obwohl es an jedem Ende stockt, wir noch mal schnell jemanden rein lassen oder hinter einem Falschparker warten müssen, kommen wir immer ohne große Verspätung (höchstens 2 Minuten) an den Endhaltestellen an.
Ab 8:40 wird es langsam wieder ruhiger, alles scheint in der Schule oder auf der Arbeit zu sein. Das Harburger Wetter zeigt sich von seiner schönsten Seite, die Sonne lacht und wir nehmen nun vor allem die CC-Karten-Kundschaft mit. Alle sind entspannt, man grüßt sich, schwätzt im Bus miteinander. Auch Michael ist hier und da zu Scherzen aufgelegt:“Ich albere sehr gerne mit den Fahrgästen rum, so ist der Tag doch gleich viel besser!“ An guten Tagen hat er auch mal eine Pause an der Außenmühle zum Durchschnaufen, an schlechten bleibt durch Stau kaum etwas übrig.
Nach unserer letzten Tour nehmen wir unseren Bus dann quasi aus dem Programm. Am Ende hat Michael Fahrkarten für 81,90€ verkauft und ich gelernt, dass Busfahrer unglaublich geduldig sein müssen, um den Großstadtdschungel der Stadt (und manchmal auch uns Fahrgäste) zu überstehen.
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Interessanter Einblick. Wenn so häufig von den Pausen wegfällt, zählt das dann eigentlich als Arbeitszeit oder erwartet die Hochbahn, dass die Pause durchgearbeitet wird?
Kann es sein, dass sie 5/2-Turnus meinen und nicht 5/3?
Ist es denn üblich, dass man immer in einer Schicht (Früh-, Zwischen-, Spät,…) ist oder wird das immer gewechselt?
Danke für den Hinweis, da hab ich bei der Korrektur nicht aufgepasst 😉 Ist schon geändert! Und zu Ihrer Frage: es ist durchaus üblich, zwischen den Schichtarten zu wechseln. Also sowohl Früh-, Mittel- als auch Spätschichten oder geteilte Dienste zu haben.
Danke für den interessanten Einblick!
Eine sehr kleinliche Kritik sei aber bitte gestattet: In Hamburg „schwätzt“ man nicht, weder im Bus noch sonstwo. Unterhalb von Hannover oder so mag das sicher vorkommen, aber hier wird „geklönt“ oder „geschnackt“. Oder beim Klönschnacken gleich beides kombiniert. 😉
Ihr Kommentar zeigt ja ganz gut, dass wir uns so oder so verstehen 😛 Und als Quiddje sei mir das ohnehin verziehen!