Mein Wort der Woche: Weichenstörung. Wieso? Weil Weichenstörungen auf der U1 diese Woche gleich zweimal dafür gesorgt haben, dass ich später zur Arbeit kam.
Nun muss (und will) ich mir von Hause aus ja jeden Ärger über das Verkehrsunternehmen, bei dem ich arbeite, verkneifen, trotzdem aber wissen: Leute, was war denn da diese Woche mit den Weichen los? Und überhaupt, Weichenstörung – was ist das denn?
Weichen: der größte „Störfaktor“ bei der U-Bahn
Weichen sind eigentlich schon was Tolles. Denn nur mit ihnen können U-Bahnen überhaupt Gleise und Strecken wechseln. 545 davon gibt’s im gesamten Hamburger U-Bahnnetz. Vor und hinter Haltestellen, auf freier Strecke, vor Abstellanlagen, Kehrgleisen und auch dahinter. Dass da mal eine kaputt geht, ist eigentlich nicht verwunderlich, dass sie aber einer der größten Störfaktoren des U-Bahnbetriebes sind, schon. Ich hätte da eher auf Rettungswageneinsätze, Signalstörungen und kaputte Züge getippt.
So richtig will mich nicht besänftigen, dass es also ganz offensichtlich nicht immer nur die eine Weiche vor meiner U1-Haltestelle sein kann, die da für Ärger sorgt.
Aber: Weichen sind aus Stahl und Stahl ist abhängig von der Temperatur. Meine U1, die wie auch die U3 größtenteils oberirdisch fährt, ist also schlichtweg wetteranfälliger (übrigens auch im Sommer).
Soweit, so gut. Es gibt aber auch Weichen, die nicht so oft bewegt werden (müssen). Die „streiken“ dann einfach mal, wenn sie sich ganz plötzlich doch bewegen sollen. Oder aber der Antriebsmotor der Weiche fällt aus, weil eine Sicherung durchgebrannt ist. Und dann gibt’s ganz einfach Steine, Laub und Müll, die die Weiche blockieren.
Damit all das nur selten (oder besser noch nie) zur Störung führt, machen die KollegInnen der Instandhaltung alle fünf Wochen Inspektion an den Weichen, schmieren und schauen, ob irgendein Fremdkörper die Weiche blockiert. Außerdem gibt’s die regelmäßige Wartung.
Was passiert aber, wenn es jetzt doch eine Weichenstörung gibt?
Wenn alles nichts genützt hat und doch eine Weiche blockiert, erkennt das Stellwerk in der Betriebszentrale automatisch, dass hier was nicht stimmt und stellt alle Fahrsignale für unsere Züge, die vor dem Abschnitt mit der Weiche stehen, auf rot. Eigentlich also ein perfektes System zur Sicherung, denn so fährt kein einziger Zug verkehrt, was katastrophale Folgen haben könnte.
Spätestens jetzt haben aber wir Fahrgäste den Salat: ein Zug steht an der Haltestelle, alle sind ein- und ausgestiegen, er könnte weiterfahren, kann aber nicht, weil das Signal auf rot steht.
Hinter den Kulissen läuft dann längst die fieberhafte Suche nach dem Fehler. Ein Techniker muss zur Weiche und nachsehen, was das Problem ist. Und der steht natürlich nicht den lieben langen Tag einfach mal so für den Fall der Fälle neben der Weiche, sondern muss da erst mal hin. Und allein diese Zeit spüren wir Fahrgäste schon als Verspätung, schlimmer noch, hinter uns beginnt langsam der U-Bahn-Stau.
Ist der Fehler leicht zu finden und zu beheben, geht alles relativ schnell, die Weiche funktioniert und wir können weiter fahren. Geht das nicht, gibt’s im schlimmsten Fall Ersatzverkehr oder aber Pendelzüge, um auf dem Abschnitt zumindest teilweise zu fahren. Zur Sicherheit dürfen die Züge dann aber nur noch langsam über die Weiche fahren. Und langsam fahren, ihr ahnt es, heißt wieder: Verspätung.
Komplizierter wird es, wenn die Weichenstörung gar keine mechanische Störung an der Weiche ist, sondern eine technische Störung im Stellwerk. Das ist, vereinfacht gesprochen, ein komplexer Computer, der alle Signale und Weichen zentral steuert. Und wie es mit Computern so ist, hängt der sich auch mal auf oder macht ganz einfach nicht den Job, den er eigentlich machen soll. Dann z.B. erkennt er die Position einer Weiche nicht oder kann ganz einfach den Befehl zum Umlegen nicht ausführen. Dann stehen wieder alle Signale auf rot und der Zug davor kann nicht weiter fahren.
Auch hier muss dann ein Techniker kommen, um den Fehler zu suchen. Manchmal müssen dann nur einzelne Komponenten ausgetauscht oder aber der ganze Stellwerksrechner muss neu gestartet werden. Und wir wissen ja, wie lange sowas bei einem handelsüblichen Rechner schon dauern kann – also wieder Zeit, die uns Fahrgästen vorkommt wie eine Ewigkeit, selbst wenn es eigentlich nur ein paar wenige Minuten waren.
Beim nächsten Mal versuch‘ ich also (und ihr ja vielleicht auch), nicht so sehr auf die Weiche zu schimpfen, die da gerade ihren Dienst versagt. Denn am Ende ist sie (genau wie alle anderen 544 Stück) wirklich wichtig, damit U-Bahnen fahren.
Du hast Recht, (…). Ich habe einmal eine Ausnahme gesehen, in Leipzig, da gab es eine Weichenstörung. Da ist der Strassenbahnfahrer ausgestiegen, hat mit einer langen Eisenstange die Weiche umgestellt, und ist weitergefahren. In Bonn undenkbar! Hier haben wir gerade seit 5 Tagen „Weichenstörung“, auf einer der zwei Strecken, die Bonn hat.
Ich habe deinen Post zensiert, weil er Kolleginnen und Kollegen pauschal und völlig haltlos an den Pranger stellt. Bitte spare dir doch solche Kommentare in Zukunft, das Team gibt hier jeden Tag alles, um Hamburg am Laufen zu halten. Konstruktive Kritik aber immer gerne. Grüße nach Bonn!
Ich habe 10 Jahre in Norden Russland gelebt, im Winter über minus 30 Grad, aber ich habe nie erlebt dort Weichenstörung. Meine Meinung nach Weichenstörung wird nur vertauscht aus welchem anderen Grund. Weil das kann doch nicht wahr sein das in kalten Russland alles funktioniert, und in milden Deutschland fast jeden Tag Weichenstörung?
Naja, jeden Tag Weichenstörung ist nun auch etwas hoch gegriffen – am Ende hat die U-Bahn in Hamburg immer noch eine Pünktlichkeit von über 97 % 😊 Und wie das in Russland funktioniert, das würde mich jetzt auch interessieren!
Die Weichenstörung klingt aber manchmal vorgeschoben. Heute führt ein Zug Berlin – HH um 16 Uhr, alles gut, 17 Uhr, alles gut, aber jetzt schon steht beim 18 Uhr Zug – Verspätung wegen Weichenstörung. Kann da jemand in die Zukunft blicken??
Moin, auch wenn wir als HOCHBAHN ja nichts zu Fernzügen sagen können: Eine Weichenstörung betrifft bei uns ja meist auch nicht nur einen Zug, sondern auch alle folgenden (durch Verspätungen/Auswirkungen, die dann weiter „mit getragen“ werden müssen. Das hat nicht viel mit in die Zukunft blicken zu tun, sondern eher mit vorausschauender Kommunikation Richtung Fahrgast 😉
Oh! Endlich kommt mal Licht ins Dunkle! Ich fahre seit Jahren täglich Bahn in Berlin und hier kommt eine Weichenstörung gar nicht mal so selten vor. Schon oft freute ich mich auf den Weg nach Hause, um dann zu sehen, dass die Fahrt sich um 10, 20, 30 oder mehr Minuten verspätet. Gut das ich auch vor diesem Artikel schon das Verständnis für die Ernsthaftigkeit des Problems hatte. Danke für den interessanten Beitrag, LG Simon
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Soooo oft kommt eine Weichenstörung doch eigentlich nicht vor, oder? Ich jedenfalls hatte noch nie eine (also die Hochbahn hatte noch nie eine, als ich mit ihr fuhr). Feuerwehreinsätze habe ich schon ein paar mal erlebt, da finde ich es prima, dass sofort in allen Zügen darauf hingewiesen wird, dass zB „wegen eines Feuerwehreinsatzes ist zwischen den Stationen Barmbek und Wandsbek-Gartenstadt zurzeit kein Zugverkehr … “ – wenn man Glück hat, kann man seine Fahrt dann noch umplanen. Mit höherer Gewalt muss man eben überall mal rechnen, ob im Bus, U-Bahn, Auto, Flugzeug usw. Ich glaube, dass bei der Hochbahn im Störungsfall immer sofort ein „Alarmplan“ los läuft, durch SEV mit Bussen und Taxis, wenn mögich. Erzählt doch auch darüber mal etwas …
Zum Ersatzverkehr (und dem Mechanismus dahinter) haben wir letztes Jahr schon mal was geschrieben 😉
Hier zu finden: https://dialog.hochbahn.de/bus-in-zukunft/ersatzverkehr-warum-nicht-an-jeder-ecke-ein-bus-stehen-kann/
Hallo und danke für den Link ! Sehr interessant ! Danke !