100 Jahre Bus

100 Jahre Busbetrieb – 100 Jahre innovative Mobilität

Vor 100 Jahren rollte der erste Bus der HOCHBAHN durch die Stadt. Seither wuchs daraus ein modernes Verkehrsmittel, das zu einer tragenden Säule der städtischen Mobilität wurde. Der Ausbau des Busnetzes ging einher mit wichtigen Innovationen im Fahrzeugbau. Diese reichen von der Knickwinkelsteuerung – also der Konstruktion des Verbindungsteils zweier „Busteile“ bei einem Gelenkbus – über die Standardisierung von Fahrzeugteilen zur Optimierung des Flottenmanagements bis hin zu verschiedenen Antriebsarten, welche die Busse der HOCHBAHN heute zu Vorreitern der E-Mobilität machen. Doch wie ging es eigentlich los? Ein Rückblick auf die Anfänge einer mobilen Erfolgsgeschichte.

Alles begann am Schlump: Am 5. Dezember 1921 startete dort der Busbetrieb der HOCHBAHN mit einem ersten Linienverkehr. Er verlief in einem Bogen nördlich der Außenalster über die Krugkoppelbrücke in Richtung Landwehr. Verkehrlich machte diese Linie durchaus Sinn. Als innerstädtische Querung verband sie die U-Bahn am Schlump mit dem Bahnhof Landwehr der Stadt- und Vorortbahn. Offen war zunächst jedoch, wie das neue Verkehrsmittel angenommen werden würde.

Denn die motorisierte Mobilität steckte noch in den Kinderschuhen und Automobile waren so teuer, dass sie sich nur besonders Wohlhabende überhaupt leisten konnten. Noch waren deutlich mehr Pferde und Fuhrwerke als Autos auf Hamburgs Straßen unterwegs. 1921 gab es erst 1.487 Autos und 455 Motorräder in der Stadt und nur wenige Lastwagen.

Ein NAG-Zweiachser der HOCHBAHN, 1921

Hamburg startet ins Buszeitalter

Die meisten Hamburger*innen hatten also keine Erfahrung mit dieser Art der Fortbewegung. Und in eine solche ratternde Kiste einzusteigen, war für die ersten Fahrgäste durchaus ein kleines Abenteuer. Das galt auch für die Busfahrer (Frauen durften erst ab Anfang der 1970er als Busfahrerinnen arbeiten). Nach dem Anlassen des 45 PS starken Motors mit einer Handkurbel rollte der rechtsgelenkte Bus wenig gefedert über die Straßen und erreichte dabei eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 20 km/h. Der Fahrer saß in den ersten Bussen – Zweiachser von NAG aus Berlin – in einer halboffenen Kabine auf der rechten Fahrzeugseite, ohne Heizung und Scheibenwischer. Bei Regen musste er die Frontscheine herunterklappen, um besser sehen zu können – bei bekanntermaßen immer gutem Hamburger Wetter eine echte Strapaze. Immerhin hatte er eine Ballonhupe, um sich bemerkbar zu machen.

Natürlich mussten die Fahrer einen Führerschein machen und es galt die Technik zu verstehen, um kleine Reparaturen vornehmen zu können. Insgesamt war der Beruf des Busfahrers also durchaus eine Herausforderung – damals noch verstärkt körperlicher und technischer Natur.

Büssing Bus VI GI2, mit Luftreifen, um 1925

Es zeigte sich aber schon bald, dass die erste Buslinie der Hochbahn mit einem 10-Minuten-Takt von den Fahrgästen gut angenommen wurde. Doch machte die Weltpolitik dem dauerhaften Betrieb zunächst einen Strich durch die Rechnung: Die Geldentwertung, die 1923 in der Hyperinflation gipfelte, machte den Busbetrieb vor allem aufgrund der hohen Kraftstoffpreise völlig unrentabel. Bereits 1922 wurde daher die Buslinie Schlump – Landwehr wieder eingestellt. Und auch die im Dezember 1923 als Ersatz der letzten Pferdebahn eingerichtete zweite Buslinie der Hochbahn Wandsbek – Mariental stellte kurz nach dem Start ihren Betrieb wieder ein.

Der Neustart nach der Inflation

Erst als mit der Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 bzw. der Reichsmark im August 1924 die Inflation beendet wurde und wirtschaftliche Stabilität erreicht wurde, war der Neustart des Busbetriebs möglich.

Dabei flossen die Erfahrungen der ersten beiden Linien in die Planungen mit ein und es wurde gleich ein ganzes Netz an Busverbindungen aufgelegt. Die Busflotte wurde auch technisch verbessert und mit neuen Modellen aufgestockt. So erhielten die NAG-Busse Vollgummireifen und statt des Heckeinstiegs einen seitlichen Zugang. Zusätzlich kaufte die HOCHBAHN bis 1927 dreiachsige Busse der Firma Büssing mit Luftreifen. Untergebracht waren die Fahrzeuge auf einigen Betriebshöfen.  In den ehemaligen Stallungen und Hallen der Pferdebahnen wurde dafür eigens eine neue Betriebs- und Infrastruktur geschaffen.

Reinigung von VOMAG-Bussen in einer Wagenhalle, um 1925

Wie gut das moderne und flexible Verkehrsmittel Bus ankam, zeigte sich im Ausbau des Netzes und den steigenden Fahrgastzahlen. 1925 betrieb die HOCHBAHN mit 27 Bussen fünf Tages- und drei Nachtbuslinien mit einer Streckenlänge von 68 km und beförderte dort 405.000 Fahrgäste. Bis 1929 wurde das Netz mit 8 Tages- und 7 Nachtbuslinien auf eine Länge von 203 km erweitert, auf denen 11 Millionen Fahrgäste unterwegs waren. Die Weltwirtschaftskrise im selben Jahr verlangsamte die weitere Entwicklung des Busverkehrs jedoch deutlich. Zum Erliegen kam der Busbetrieb aber nicht: 1938 umfasste das Busnetz schließlich 12 Tages- und 9 Nachtlinien, die von 12,9 Millionen Fahrgästen genutzt wurden. Im Jahr 1939 wurde der Busverkehr in Hamburg dann stark eingeschränkt, indem die Fahrzeuge durch die nationalsozialistische Wehrmacht für den Kriegseinsatz konfisziert wurden. 1945 gab es noch sieben Buslinien mit 58 Haltestellen.

Der Busbetrieb als Innovationstreiber

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem wirtschaftlichen Aufschwung seit 1949 wuchs die Bedeutung des Verkehrsmittels Bus wieder: 1955 gab es 22 Linien und 259 Haltestellen, 1960 waren dann schon 38 Linien mit 569 Haltestellen, und auch die Fahrgastzahlen stiegen im selben Zeitraum von etwa 36 auf 76 Millionen. Seither nahm die Relevanz des Verkehrsmittels stetig zu und wurde so zu einer tragenden Säule im öffentlichen Hamburger Nahverkehr.

Es blieb jedoch nicht ausschließlich beim Netzausbau. Vielmehr wurde der Busbetrieb der HOCHABHN in den nächsten Jahrzehnten zum Innovationstreiber und ist heute Vorreiter in der E-Mobilität.

Bildgalerie: Historie der HOCHBAHN-Busse


100 Jahre Busbetrieb: Historisches Videomaterial

Linie 102

Schleudertest

Eröffnung Wandsbek Markt

Der Urbanbus

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8 Kommentare zu: 100 Jahre Busbetrieb – 100 Jahre innovative Mobilität

  1. Tolle Bilder vielen Dank dafür. Ich finde es so schade das es keine Busse im aktuellen Einsatz gibt die noch eine Traditionslackierung aufweisen. Nur zu gerne denke ich an das alte Weinrote Farbschema der VHH zurück.

    Und warum gibt es eigentlich keine pinken Schnellbusse(Expressbusse) mehr!

    1. Umstrukturierungen im Bus-Netz erfolgen um, das Netz in für die Fahrgäste zu optimieren und auch Betriebsabläufe reibungsloser zu gestalten
      Vor diesem Hintergrund ist auch die Umstellungen der letzten verbleibenden Schnellbuslinien zu sehen.
      Diese sind durch andere Angebote wie Stadtbuslinien oder Expressbusse ersetzt worden, wobei gleichzeitig die Linienverläufe angepasst wurden.
      Es geht also um Optimierungen und eine Anpassung des Netzes auf die sich verändernde Stadt und die Verkehrs- und Mobilitätsbedingungen in Hamburg.

      Was die Farbgebung angeht, so ist auch diese natürlich ab und zu verändert worden, um auf jeweils zeitgemäße Empfindungen von Modernität einzugehen und die einzelnen Bus-Angebote unterscheidbar zu machen.
      Da fällt Pink heute irgendwie raus, aber wenn damit gute Erinnerungen verbunden sind, ist das ja auch eine schöne Sache 🙂

  2. Nette Bilder und Verweise auf einige Videos.

    Dazu eine Bemerkung.
    In einem Video wird von „Komfort“ gesprochen. Dabei ist mir zu den aktuellen Bussen ein Punkt eingefallen: Ich bin knapp 2 Meter „lang“ und bemerke dass für mich in vielen Bussen die Beinfreiheit gefühlt kleiner geworden ist. Gut sitzen kann ich nur auf Plätzen in 4-er Gruppen oder hinter dem Stehplatz wenn „keine Trennung“ eingebaut ist.

    Frage: Sind die meisten Sitzabstände tatsächlich kleiner geworden oder täuscht mich mein Gefühl?
    Da es immer mehr größere Menschen gibt wäre es schön wenn bei der Bestuhlung der Busse diesem Effekt Rechnung zutragen.

    MfG Holger

  3. Was bedeutet eigentlich „selbsttragende Karosserie“ (3. Foto in der Bildgalerie)? Gibt es auch eine nichttragende Karosserie?

    1. Moin Herr Schmidt,
      eine selbsttragende Karosserie ist eine bei der Fahrgestell und Aufbau eine zusammenhängende Einheit bilden und die Karosserie Aufgaben des Rahmens übernimmt. Dadurch ergeben sich ein insgesamt geringeres Gewicht, da auf den Rahmen verzichtet werden kann, und ein verbesserter Aufprallschutz.
      Dieses Prinzip ist insofern neu, als dass anfangs LKW-Fahrgestelle die Grundlage für Busse bildeten. Darauf wurden dann Bus-Aufbauten gesetzt.
      Mit selbsttragenden Karosserien wurden Busse gewissermaßen baulich als Ganzes gedacht und konnten eigenständig weiterentwickelt werden.

  4. Danke für die schnelle Info ! Ich habe im Bestand noch ein Foto von der Seite bereits mit neuer Bereifung und Seiteneinstieg sowie ein Heckbild nach dem Umbau .Beide Aufnahmen sind ebenfalls aus dem HHA Archiv .Erstaunlich ist bei der Aufnahme schräg von vorn am 5.12.1921 das dort das Merkmal HHA auf der Motorhaube sowie das Herstellermerkmal auf dem Kühler weg retuschiert wurden .Die Frage ist warum das geschah .
    Mit freundlichen Grüßen
    Hans- Peter Lindemann HOV

  5. Guten Tag !
    Ein interessanter Beitrag zum Jubiläum. Wir haben gestern im Rahmen unserer Sonderfahrt mit dem historischen Schnellbus 6416 ebenfalls an das Ereignis erinnert .Der Bus wurde dazu von mir dezent geschmückt und wir werden im neuen Jahr dann gewiss noch weitere Aktionen zum Jubiläum veranstalten. Gibt es von den ersten NAG mit Lange &Gutzeit Aufbau eigentlich noch mehr Aufnahmen? Mir sind aktuell vier bekannt .
    Mit freundlichen Grüßen
    Hans – Peter Lindemann HOV

    1. Moin Herr Lindemann,
      hier im Archiv sind zwei unterschiedliche Fottos vorhanden. Neben der gezeigten Aufnahme noch eine aus deutlich schrägerer Perspektive.
      Beste Grüße,
      D. Frahm

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