Historisches Grab bei U-Bahn-Bauarbeiten entdeckt

In den letzten Tagen ist so einiges passiert, zumindest bei den Bauarbeiten für den barrierefreien Ausbau am Rathausmarkt. Allerdings nichts, mit was man für gewöhnlich rechnen würde: Am Dienstag kam bei den Baggerarbeiten plötzlich ein uralter Sarg zum Vorschein, der tief im Erdreich vergraben war. Doch damit nicht genug: Am Donnerstag wurde dann neben einem Pferdeschädel und Ziegenbockhörnern ein gesamtes Pfeilerfundament entdeckt.

Tierische Überreste am Rathausmarkt
Bei den Bauarbeiten wurden ein Pferdeschädel, tierische Unterkiefer sowie Hörner von Kuh und Ziegenbock ausgegraben

Das hat direkt mein Interesse geweckt, weshalb ich mich einmal auf Spurensuche begeben habe. Und da solch ein Fund auch nicht aller Tage passiert, habe ich die Geschichte einmal mit euch auf dem Blog geteilt.

Eine Grabstätte aus der Mittelalterzeit

Wie wir uns alle, denke ich, vorstellen können, hat die Entdeckung des Sargs erst einmal für überraschte und erstaunte Gesichter gesorgt. Da nicht direkt sicher war, um welche Art von Sarg es sich handelt, wurde zunächst die Kripo eingeschaltet. Es hat sich dann allerdings schnell herausgestellt, dass es vermutlich ein Sarg aus der Mittelalterzeit ist, weshalb die Kolleginnen und Kollegen des Archäologischen Museums zum Einsatz kamen.

Historisches Grab beim barrierefreien Ausbau entdeckt
Sarg aus dem Mittelalter
Historisches Grab am Rathausmarkt
Beim barrierefreien Ausbau am Rathausmarkt entdeckt

Zwei Tage später dann der nächste, große Fund: Im selben Bereich wurde ein gesamtes Pfeilerfundament aus Holzpfählen entdeckt. Die Archäologen vermuten, dass es sich dabei um Überreste des Klosters St. Johannis handelt. Das Kloster wurde um 1235 von den Dominikanern gegründet und stand bis 1841 auf dem heutigen Rathausmarkt. Der zuvor gefundene Sarg ist vermutlich Teil einer Grabstätte, die um das Kloster herum erbaut wurde.

Aus diesem Grund ist der Rathausmarkt übrigens auch als Bodendenkmal registriert. Allerdings wird von den Begräbnisstätten sowie dem Klostergelände nicht mehr viel übrig sein, nachdem das Kloster abgerissen wurde und Überreste durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg bereits zerstört wurden. Daher war die Überraschung in diesem Fall umso größer.

Und was passiert jetzt mit dem Sarg?

Da es sich eben um ein Bodendenkmal handelt, bleibt der Sarg dort, wo er ist. Er wurde von den Archäologinnen und Archäologen begutachtet, fotografiert und im Lageplan eingezeichnet. Da er sich aber am Rand des ausgehobenen Aufzugschachts befindet, kann die Baugrubenwand an dieser Stelle wieder verschlossen werden, ohne den Sarg dabei entfernen zu müssen.

Etwas anders sieht es bei den senkrecht im Erdreich steckenden Pfählen aus. Von ihnen wird nun eine Probe entnommen. Bedeutet: Ein Stück davon wird abgeschnitten und ins Archäologische Museum gebracht, um das Alter bestimmen zu können.

Gibt es einen Baustopp?

Einen Baustopp wird es nicht geben. Allerdings müssen die Arbeiten zumindest für zwei Tage unterbrochen werden, damit die Fachleute vor Ort eben Teile der Pfähle herausnehmen und besser untersuchen können. Spannend bleibt natürlich, ob noch weitere Fundstücke zum Vorschein kommen 😊 Allerdings fehlen noch nur knapp 30 cm bis zum Grund des Aufzugschachts, weshalb zumindest nicht mehr mit allzu vielen Überraschungen gerechnet wird. Aber wer weiß 😊

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5 Kommentare zu: Historisches Grab bei U-Bahn-Bauarbeiten entdeckt

  1. Bitte keinen weiteren Aufwand treiben, den Ziegenschädel habe ich neulich nach einem Picknick während des Lockdowns dort entsorgt 😉

    Scherz beiseite, es ist eine tolle Sache, wenn der Bau von U-Bahn-Anlagen wertvolle archäologische Funde zutage fördert. Das ist natürlich schon in vielen Städten der Welt passiert, und in vielen Fällen wurden die Fundstellen entweder direkt in Stationen integriert, so dass sie für die Öffentlichkeit sichtbar und erlebbar wurden, oder die Funde oder Repliken davon wurden in Vitrinen in den Stationen dauerhaft ausgestellt. So eine kleine Museumsecke wertet U-Bahn-Stationen ungemein auf. Eine Liste solcher Städte und Stationen z.B. hier: http://mic-ro.com/metro/archaeology.html

    1. Ich gebe Ihnen recht – es wäre tatsächlich eine tolle Sache, wenn man die Fundstücke für die Öffentlichkeit sichtbar lassen und in die Haltestelle integrieren könnte. In diesem Fall ist das aber leider nicht möglich, da der Sarg zu weit entfernt von der späteren Außenwand der Haltestelle liegt. Die menschlichen und tierischen Knochen wurden vom Archäologischen Museum für weitere Untersuchungen mitgenommen. Bedeutet also leider keine künftige Museumsstation am Rathausmarkt…

      1. Der Fund ließe sich um die paar Meter verlagern oder man stellt eine Replik aus. Wenn man so etwas nicht macht, liegt es ganz sicher nicht daran, dass es nicht ginge, sondern daran, dass man in Hamburg den Nutzen nicht anerkennt bzw. kein Geld dafür ausgeben will. Diese Gründe kann man ja legitim finden kann, aber man sollte diese Gründe auch beim Namen nennen, statt sie mit „nicht möglich“ zu verschleiern.

    1. Ja, wäre es nicht eine gute Idee beim Haltestellenumbau ein sog. Befundfenster einzurichten, falls die Lage dieser Funde es ermöglichen sollte, dass sie für die Fahrgäste sichtbar wären?
      So etwas gibt es häufig bei Ausgrabungen im städtischen Bereich. Zum Beispiel werden solche Funde in Tiefstationen der Athener Metro präsentiert, aber auch bei neuen Gebäuden, in deren Fundamentbereichen archäologische Funde gemacht wurden.

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