Bauwerksprüfung bei der HOCHBAHN: Ein Blick hinter die Kulissen abseits von Bus und Bahn

Tagtäglich sind über 1000 Busse auf Hamburgs Straßen und 4 U-Bahn-Linien auf einer Strecke von insgesamt 106 Kilometern unterwegs, um uns Fahrgäste von A nach B zu bringen. Um das verlässlich tun zu können, passiert auch im Hintergrund so einiges, von dem wir Fahrgäste erstmal gar nichts mitbekommen. Ich hatte die Ehre, einen Kollegen zu begleiten, der als Bauwerksprüfer für die HOCHBAHN unterwegs ist und damit neben all den Fahrerinnen und Fahrern (und vielen anderen) ebenso einen entscheidenden Beitrag leistet, dass wir weiterhin mobil sind. Hier eine kleine Reportage.

Die HOCHBAHN macht doch Bus und Bahn, was hat das mit Bauwerken zu tun?

Auf den ersten Blick scheint die HOCHBAHN Expertin im Betrieb von Bus und Bahn. Ist sie auch, aber um die Fahrzeuge auf Strecke zu bringen, bedarf es einer entsprechenden Infrastruktur. Im Hamburger U-Bahn-Netz befinden sich insgesamt rund 1000 Bauwerke. Etwa 600 davon sind Brücken, es gehören aber auch Tunnel (ca. 200) oder Stützbauwerke (ca. 50) dazu. Damit diese Bauwerke über Jahrzehnte (und mittlerweile teilweise auch über ein Jahrhundert) betriebssicher bleiben und damit die Grundvoraussetzung schaffen, dass die Bahnen überhaupt rollen können, müssen sie regelmäßig überprüft werden. Dafür sind speziell ausgebildete Kollegen zuständig.

Was genau ist eine Bauwerksprüfung?

Zunächst einmal geht es um die Sichtprüfung. Dafür reichen meist eine Taschenlampe und ein geschultes Auge. Der meist aufwendigere Part ist die Organisation, wie man an die Bauwerke herankommt. Für den Zugang werden nicht selten Hilfsmittel wie Hebebühnen und temporäre Straßensperrungen benötigt. Spannend wird es bei den 12 U-Bahn-Brücken, die über Wasser führen. Denn diese sind tatsächlich auch nur vom Wasser aus zu erreichen. Die Brücken der U3 über den Osterbek-, Stich- und Goldbekkanal sind drei der 12 Brücken. Und genau die waren nun an der Reihe, um turnusmäßig inspiziert zu werden.

Bauwerksprüfung: Steinviadukt Osterbekkanal
Das Steinviadukt über dem Osterbekkanal

Wie läuft solch eine Bauwerksprüfung ab?

Klar ist: Eine Prüfung vom Wasser aus geht nur mithilfe eines Schiffs. Da die HOCHBAHN keine eigenen Arbeitsschiffe besitzt, werden sie für die Prüfungen geliehen – in diesem Fall war es das Schiff Pauline.

Arbeitsschiff für die Bauwerksprüfung
Das Arbeitsschiff Pauline

Wenn nicht gerade Bauwerksprüfungen stattfinden, wird sie beispielsweise für Tauchereinsätze genutzt. Das Praktische: Das etwa 16 Meter lange Arbeitsschiff besitzt eine Hebebühne, die bis zu einer Höhe von 7,20 Meter ausgefahren werden kann. Damit gelangen die Prüfer an das Bauwerk.

Bauwerksprüfung bei der HOCHBAHN
Die Hebebühne auf dem Arbeitsschiff dient als Hilfsmittel, um an das Bauwerk heranzukommen

Die erste für die Prüfung vorgesehene U3-Brücke über dem Osterbekkanal ist aus Stein. Wichtig ist hier, mögliche Hohlstellen, undichte Fugen oder auch abblätternde Steinoberflächen im und am Bauwerk zu erkennen, um sie bei Bedarf rechtzeitig wieder instand setzen zu können. Denn wenn Wasser durch beschädigte Stellen in die Konstruktion eindringt, können sich die Schäden durch Frost schnell ausdehnen und auf Dauer sicherheitsrelevant werden. Um diesem Prozess entgegenzuwirken, nehmen die Prüfer eine Sichtprüfung vor und klopfen das Bauwerk außerdem mit einem Hammer ab, um potenzielle Hohlstellen auszumachen. Erkennbar sind diese durch ein dumpfes Geräusch beim Abklopfen.

Erkennen von Hohlstellen durch Abklopfen
Hohlstellen werden durch Abklopfen erkannt und entsprechend markiert

Es gibt aber auch Stahlbrücken, wie beispielsweise die U3-Brücke über dem Stichkanal. Diese werden unter anderem auf mögliche Risse untersucht, um auch solche Stellen bei Bedarf rechtzeitig instand setzen zu können.

Was passiert, wenn Schäden entdeckt werden?

Sicherheitsrelevante Schäden am Bauwerk werden natürlich sofort behoben. Im Normalfall handelt es sich aber um eher kleinere Schäden, die nicht unmittelbar eine Gefährdung für das Bauwerk darstellen. In solchen Fällen werden die Mängel im Rahmen der Bauwerksprüfung erstmal dokumentiert und in Form von Prüfbefunden an die Technische Aufsichtsbehörde der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) weitergeleitet. Im Rahmen nachfolgender Prüfungen werden die entsprechenden Stellen dann weiter untersucht bzw. beobachtet. Auf Basis dessen kann entschieden werden, ob und welche Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind, um die Stellen wieder instand zu setzen. Ist das einmal passiert, wird das Ergebnis schlussendlich auch wieder von den Bauwerksprüfern abgenommen.

Und damit sind die Prüfer dann auch das ganze Jahr über gut beschäftigt. In Zahlen ausgedrückt: Die sogenannten Hauptprüfungen finden bei Brücken alle fünf Jahre, bei Tunneln alle 10 Jahre statt. Pro Prüfer und Jahr sind das in Summe dann zwischen 40 und 90 Prüfungen. Hinzu kommen zusätzliche Prüfungen wie Folgeuntersuchungen.

Was man zunächst gar nicht unbedingt erwartet: Die Prüfungen erfordern teilweise mühevollen Körpereinsatz, um auch an versteckte Stellen beispielsweise zwischen den Trägern einer Stahlbrücke zu gelangen. Am Ende ist also nicht nur das Auge, sondern auch körperliche Fitness gefragt 😊

Bauwerksprüfung bei der HOCHBAHN
Nicht alle Stellen sind einfach zu erreichen: Hier ist Körpereinsatz gefragt

Dafür ist es aber auch schön, mal einen Arbeitstag auf dem Wasser zu verbringen 😊 Danke an meine Kollegen für den Einblick!


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2 Kommentare zu: Bauwerksprüfung bei der HOCHBAHN: Ein Blick hinter die Kulissen abseits von Bus und Bahn

  1. Ich finde es sehr schade, dass bei den neueren Blogbeiträgen die Kommentarfunktion deaktiviert ist.
    So geht die Möglichkeit für Nachfragen und Anregungen seitens der Leser gänzlich verloren.
    Ich würde mich freuen, wenn diese Entscheidung noch mal überdacht wird.
    Vielen Dank dennoch an das Blog-Team für die vielen interessanten und informativen Beiträge über die Jahre!

    1. Moin! Das ist tatsächlich ein sehr wertvoller Hinweis, denn hier ist uns schlicht ein Häkchen in den Einstellungen durchgerutscht. Die Kommentar-Funktion ist jetzt wieder aktiviert und wir wollen all deine Nachfragen und Anregungen hören – tob dich aus! 😊

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