Es gibt Neues in Sachen autonomer Nahverkehr. Hamburg und die HOCHBAHN haben zusammen mit der ZF Friedrichshafen AG eine Innovationspartnerschaft bekanntgegeben. ZF ist ein weltweit aktiver Technologiekonzern für Mobilitätssysteme, der unter anderem Produkt- und Softwarelösungen für den Bereich automatisiertes Fahren anbietet. Ziel der Partnerschaft: Die gemeinsame Entwicklung von fahrerlosen elektrischen Verkehrssystemen für den regulären ÖPNV-Betrieb.
Einige von euch haben im Kontext des autonomen Nahverkehrs vermutlich noch das Projekt HEAT im Kopf. Inwiefern die Innovationspartnerschaft daran anknüpft und wie es in Zukunft weitergeht, werde ich hier nun einmal vorstellen.
Kurzes Recap: Forschungs- und Entwicklungsprojekt HEAT
HEAT ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das in den vergangenen vier Jahren durchgeführt und Ende 2021 erfolgreich abgeschlossen wurde. Kernziel war die Beantwortung der Frage, ob sich autonome Kleinbusse für den Einsatz im ÖPNV eignen. Um das herauszufinden, wurde ein autonom fahrendes Shuttle im realen Straßenverkehr in der HafenCity eingesetzt und inklusive Fahrgastbetrieb auf Haut und Nieren getestet. Das erfreuliche Ergebnis: Es funktioniert.
Mit dieser Erkenntnis und der Überzeugung, dass autonomes Fahren eine wichtige Säule künftiger Mobilität darstellt, will die HOCHBAHN als zweitgrößtes öffentliches Verkehrsunternehmen Deutschlands das Thema weiter voranbringen. Die an dem ersten Projekt HEAT anschließende Frage lautet nun, wie Lösungen für einen vollständig autonomen Regelbetrieb im urbanen Umfeld geschaffen werden können – also wie man sozusagen vom Showcase zur letztendlichen Kundenlösung gelangt. Denn klar ist auch: Trotz erster (auch weltweit zu beobachtender) Erfolge gilt es noch einige anspruchsvolle Herausforderungen zu bewältigen. Und genau hier setzt die Innovationspartnerschaft zwischen Hamburg, HOCHBAHN und ZF an.
Autonomer Nahverkehr – der nächste Schritt
Für die Weiterentwicklung des autonomen Fahrens im ÖPNV müssen insbesondere vier Felder betrachtet werden:
1. Kunden- bzw. Nutzerseitige Anforderungen
2. Neue rechtliche Regularien
3. Betriebliche Anforderungen, einschließlich Berufsbilder
4. Technische Lösungen für das autonome Fahren und betriebliche Prozesse
Durch die Partnerschaft zwischen Hamburg, der HOCHBAHN und ZF können verschiedene Expertisen sinnvoll miteinander verknüpft und somit alle dieser Felder berücksichtigt werden.
ZF entwickelt dabei die Technologie eines autonomen Shuttles. Sie erstellt das Streckenlayout mit und begleitet Einrichtung und Inbetriebnahme der Shuttlesysteme. Sie bietet aber auch Schulungen für Mitarbeitende und Werkstätten und unterstützt bei Service und Reparatur. Hamburg und die HOCHBAHN sind Spezialisten im Umgang mit urbaner und suburbaner Mobilität in Großstädten. Die HOCHBAHN setzt sich außerdem mit der Fragestellung auseinander, welche Berufsprofile und entsprechenden Kompetenzen sie künftig für einen autonomen Fahrgastbetrieb benötigt. Denn klar ist: Fahrerlos bedeutet nicht gleich menschenlos. Berufsbilder werden sich aber ändern und an anderer Stelle benötigt.
Durch die Bündelung der Expertisen verfolgt die Innovationspartnerschaft das Ziel, gemeinsam ein fahrerloses Verkehrssystem zu entwickeln, das an den realen Bedarfen der Fahrgäste und des Verkehrsanbieters ausgerichtet ist. Damit möchte sie eine nachhaltige, bedarfsgerechte, zukunftsgerichtete und kundenzentrierte Mobilität in Hamburg gestalten.
Wie es weitergeht
Um das zu erreichen, geht es zunächst um die Identifizierung möglicher Einsatzgebiete, auf denen dann emissionsfreie autonome Shuttle im Regelbetrieb eingesetzt werden können. Die Partner streben mehrere Einsatzgebiete an, um ein möglichst umfassendes Bild für die nutzer- und betreiberseitige, technologische und regulatorische Weiterentwicklung hin zu einem fahrerlosen Verkehrssystem zu gewinnen. Im Vergleich zu HEAT geht es also nicht mehr um die Grundsatzfrage, ob autonome Shuttlebusse im realen Straßenverkehr geeignet sind. Vielmehr geht es darum, herauszufinden, wo sie am besten eingesetzt werden können, um den größten Mehrwert zu stiften. Mit Blick auf den Hamburg-Takt, der einen niedrigschwelligen Zugang zum ÖPNV binnen fünf Minuten realisieren möchte, können die autonomen Kleinbusse also beispielsweise als Zubringer zum Schnellbahnnetz in äußeren Randlagen eingesetzt werden.
Während HEAT also als zeitlich begrenztes Forschungs- und Entwicklungsprojekt erste wesentliche Erkenntnisse hervorbrachte, knüpft die Partnerschaft dort an. Nun geht es um eine längerfristige Perspektive, die vorsieht, von kontinuierlicher Erprobung und Weiterentwicklung perspektivisch zu einer schrittweisen Umsetzung zu gelangen.
Nun geht es also bei der Hochbahn AG auch für die Weiterentwicklung des Einsatzes von autonomen Kleinbussen weiter wie gewohnt. Denn dazu lese ich ja bei Ihnen:
„Um das zu erreichen, geht es zunächst um die Identifizierung möglicher Einsatzgebiete, auf denen dann emissionsfreie autonome Shuttle im Regelbetrieb eingesetzt werden können. Die Partner streben mehrere Einsatzgebiete an, um ein möglichst umfassendes Bild für die nutzer- und betreiberseitige, technologische und regulatorische Weiterentwicklung hin zu einem fahrerlosen Verkehrssystem zu gewinnen“
Fällt es Ihnen dabei denn nicht selbst auf? „Die Partner“ wollen mal wieder „die Einsatzgebiete“ unter sich entwickeln–als ob Ihre Fahrgäste nicht die Ersten wären, um zu identifizieren, wo sie sich einen autonom fahrenden Shuttle-Kleinbus wünschen und sich das als sinnvoll vorstellen können.
Und dennoch, obwohl Sie daran ja gar nicht interessiert sind, hier mein Routenvorschlag. Und zwar … Überraschung! für die HafenCity.
Denn dort ist die Linienführung der vorhandenen Linienbusse so schneckenförmig gewunden, wie man es sonst nur vom Ohlsdorfer Friedhof kennt. Dabei ist der Norden der HafenCity (wo die meisten Arbeitgeber-Unternehmen ansässig sind) mit dem ÖPNV ganz schlecht angebunden, wenn man nämlich sowohl die lange Taktung wie auch die langen Umwege über Strecken, zu denen man gar nicht hin will, mitberücksichtigt.
Deswegen hier von mir ein Linienführungsvorschlag, der ich das erste Mal schon so vor fünf-sechs Jahren eingebracht hatte. Die Antwort der Hochbahn AG damals? „Haben wir noch nie so gemacht“. Insofern hier jetzt mein zweiter Anlauf:
Bitte testen Sie einen autonomen Shuttlebus in der nördlichen Hafencity–und nur dort. Der sollte vom U 3-Bahnhof Baumwall über die Niederbaumbrücke, die Straßen Am Sandtorkai und Brookdorfkai entlang, über die Oberbaumbrücke zum U1-Bahnhof Steinstraße führen und natürlich die gleiche Strecke in zwei Richtungen fahren, mit nur kürzen Abständen zwischen den Haltestellen, die aber nur bedient würden, wenn Fahrgäste zu- oder aussteigen wollten. Ansonsten: Durchfahrt. Deshalb dann auch keine fahrplanmäßigen Abfahrzeiten, sondern nur die Zusage: auf den nächsten Shuttle-bus von hier warten Sie höchsten fünf Minuten. Das ginge aus Kostengründen sicherlich nur ohne „Zugbegleiter“, denn um diese Frequenz zu erreichen, müsste die Strecke sicherlich von ca. 6 autonomen Shuttle-Bussen bedient werden–also zu jeder Zeit drei in jeder Richtung.
Wie Sie selbst richtig zitiert haben, wird in der weiteren Entwicklung und Erprobung natürlich auch die Nutzerseite – und damit die der Fahrgäste – als wesentlicher Bestandteil mitberücksichtigt. Um perspektivisch autonome Shuttle im Regelbetrieb einzusetzen, müssen aber eben auch betriebliche, technologische und regulatorische Kriterien berücksichtigt werden. Daraus ergeben sich dann mögliche Einsatzgebiete. Ich gebe Ihre Anregung sehr gerne an die zuständigen Kolleg*innen weiter.
„Denn dort ist die Linienführung der vorhandenen Linienbusse so schneckenförmig gewunden, wie man es sonst nur vom Ohlsdorfer Friedhof kennt. Dabei ist der Norden der HafenCity (wo die meisten Arbeitgeber-Unternehmen ansässig sind) mit dem ÖPNV ganz schlecht angebunden“.
Für die Einsatzgebiete von autonomen Fahrzeugen gibt es ja ernstere Kriterien als eine schlechte Linienführung bestehender Buslinien. Wenn Buslinien eine schlechte Linienführung haben, wird man am besten diese Buslinie verbessern.
Warum steht in der Überschrift eigentlich „4 Kommentare“, wenn es nur 2 gibt?