Seit einigen Monaten testen wir in Theorie und Praxis die Platzampel . Das Ziel: Fahrgästen Orientierung am Bahnsteig geben und so eine bessere Verteilung von Fahrgästen in den U-Bahnen erzielen. Jetzt gibt es ein überraschendes Ergebnis: Die Platzampel wird es in Hamburg nicht geben.
Überraschend auch deswegen, weil eine erste Umfrage ergeben hatte, dass ein Großteil der Fahrgäste die Idee super findet. Aber: Der Praxistest im letzten Herbst hat gezeigt, dass die Idee nach wie vor für gut befunden wird, aber kaum jemand sein Verhalten am Bahnsteig daraufhin verändert. Die Folge: Wir brauchen die Platzampel nicht installieren, denn eine Umsetzung würde am Nutzer vorbei gehen. Heißt das nun aber, dass das ganze Projekt für die Katz‘ ist? Nicht ganz.
Der Weg einer Idee – „Fail fast“ dank Protoyping
Die Platzampel ist eine der ersten Ideen, die wir mit Hilfe des sogenannten Prototypings verfolgt haben (Lest hier noch mal, was dahinter steckt ). Das Neue daran: von Anfang an und zu jeder Zeit zusammen mit dem Fahrgast eine Idee entwickeln. Und wenn sie sich nicht bewährt, sie eben auch verwerfen.
Für die HOCHBAHN ein neues Vorgehen in mehreren Stufen.
1. Den Kunden befragen
Mit der ersten Konzeptidee der Platzampel haben wir im Februar 2017 (auch) unsere Community auf Facebook und Twitter befragt:
Dazu wurden offline mehrere verschiedene Fokusgruppen befragt. Eine bunte Mischung aus Familien mit kleinen Kindern, Senioren, Pendlern und Berufstätigen. Denn sie alle verhalten sich ganz unterschiedlich auf Bahnsteigen.
Das Zwischenergebnis zu diesem Zeitpunkt: Die Idee findet ein Großteil der Befragten super! Auch wenn Wenig-Fahrer, Familien und Senioren die Platzampel eher nutzen würden als Pendler, die Platzampel kam bei allen gut an.
Hätten wir also in dieser Phase des Projektes eine Entscheidung getroffen, wir hätten uns vermutlich für eine Umsetzung entschieden.
2. Die Theorie in der Praxis: Einen Prototypen entwickeln und testen
Was dann kam, war für die HOCHBAHN neu: Ein Live-Test mit einem Prototypen, um die theoretisch gut ankommende Idee auch in der Praxis auf Herz und Nieren zu testen. Und nicht nur das, dieser Prototyp wurde dann nicht nur von uns selbst, sondern eben auch wieder direkt von Fahrgästen bewertet.
Gesagt, getan: Zwei Wochen lang lief an der Haltestelle Wandsbek Markt der Test. Kostengünstig mit einer LED-Lösung, die ohne viel Aufwand und mit simpler Technik angebaut werden konnte. Lest hier die Details.
3. Den Test auswerten und entscheiden
Dann wurde es richtig spannend. Über 1.000 Beobachtungen am Bahnsteig, Befragungen vor Ort und online galt es auszuwerten.
Die Überraschung: Fast alle Befragten fanden die Platzampel und die Umsetzung nach wie vor gut und gaben an, sich nach ihr zu richten. Tatsächlich aber bewegte sich am Bahnsteig nur ein sehr geringer Anteil an Fahrgästen aufgrund der Farbanzeige. In den zugehörigen Befragungen wurde klar, warum: Die meisten Fahrgäste richten sich nach den Ein- und Ausgängen oder den eigenen Erfahrungen, wo am meisten Platz im Zug ist.
Hier sagen jetzt vielleicht manche von euch, dass das doch ganz klar ist, weil ihr es vielleicht sogar selbst genauso macht. Doch für uns als Verkehrsunternehmen war hier auch entscheidend zu schauen, ob man einen Großteil der Fahrgäste am Bahnsteig mit Hilfe der Platzampel lenken kann. Nämlich so, dass sie langfristig auch woanders einsteigen als bisher, weil es dort mehr Platz gibt.
Die Praxis hat also gezeigt, dass die Platzampel vielleicht einfach nicht die richtige Lösung ist. Heißt aber auch: Unser Ziel bleibt, nur die Platzampel wird verworfen.
Diese Entscheidung – und das ist für uns neu – ist also kein Scheitern im klassischen Sinne. Denn das Projekt an sich haben wir erfolgreich mit Hilfe der Fahrgäste getestet und ausgewertet. Viel schneller als normalerweise und ohne viel zu investieren.
Denn eine Platzampel, die niemandem nützt, braucht niemand – nicht wir und vor allem nicht unsere Fahrgäste.
Geehrte Leser,
dass so viele Fahrgäste bzw Nutzer der Hochbahn verbittert sind über das Verpassen von früher fahrenden Bussen und enttäuscht 20min in der Kälte stehen ist eine dringendere Sache als die mit der Ampel. Entweder sollte öffentlich kommuniziert und erlernt werden, dass Busse nun mal immer 2min früher vorbei fahren oder abfahren können und dementsprechend die HVV-App das Umsteigen mit mehr Zeit vorschlagen oder die Hochbahn kriegt das Verhalten der Busfahrer in den Griff.
Bitte vervielfältigt und teilt diese Aussage so viel wie möglich Leute, und vergesst nie, dass die Hochbahn jetzt schon wunderbar funktioniert!
Zu früh fahrende Busse sind wirklich ärgerlich. Und natürlich soll das nicht sein. Dazu habe ich hier im Blog auch schon mal einen Beitrag geschrieben, der sich diesem Thema annimmt. Ich gebe Ihren Hinweis aber auch noch einmal an den Betrieb weiter.
Es ist wunderbar, dass sich die Hochbahn dazu annimmt. Dort in den Thread habe ich jetzt eine Bitte gestellt. MfG
Um einen Standorteffekt auszuschließen hätte man m.E. noch mindestens eine weitere Haltestelle ausprobieren sollen. Jetzt weiß man nicht, ob es ggf. an Wandsbek gelegen hat. Schade. Gute Idee, schlecht umgesetzt.
Ich fände es gut, wenn die Platzampel noch an einer anderen Station getestet würde. Wandsbek Markt ist vielleicht ein schlechtes Beispiel, weil Wandsbeker Chaussee viele Menschen zur S-Bahn umsteigen wollen und sich für diese eine Station gerne auch in einen vollen Wagen stellen.
In der Umfrage ging es darum, ob man die Platzampel „gut fände“. Bei der Realisierung ging es darum, ob die Fahrgäste das Angebot wirklich nutzen würden.
Das sind zwei unterschiedliche Dinge und so auch nicht verwunderlich. Ich kann Dinge gut finden, sie aber nicht nutzen wollen.
So ein System braucht Zeit bis zur Akzeptanz… die erste Fussgängerampel wurde auch nicht sofort angenommen – heute richten sich aber > 95% der Fussgänger nach ihr.