Viele von euch haben es sicher eben via Social Media oder in den Nachrichten erfahren: Gerade wurde entschieden, dass der Entwurf zum Busbetriebshof Veddel nicht in die Umsetzung gehen wird. Vor allem für die Menschen auf der Elbinsel keine schönen Neuigkeiten, schließlich war der Betriebshof nicht nur als neuer Standort für E-Busse gedacht, sondern sollte gleichzeitig auch neue Einkaufs- und Freizeitangebote sowie verschiedene Sharing-Angebote unter einem Dach zusammenbringen (ich berichtete damals in diesem Beitrag). Ein visionäres Projekt also, auf das sich zu Recht viele gefreut haben. Was ist hier also passiert? Und wie geht es in Hamburgs Süden jetzt weiter?

Direkt an der S Veddel sollte der Betriebshof Veddel ursprünglich entstehen.
Manchmal kommt es anders
Um diesen Sinneswandel zu verstehen, schauen wir zuerst einmal ins Jahr 2019 zurück, als die Idee für den Busbetriebshof Veddel entstand. Damals war die HOCHBAHN mit zwei Herausforderungen konfrontiert, die das Konzept prägten: Zum einen mit steigenden Fahrgastzahlen, die den Ausbau der Bus-Infrastruktur dringend nötig machten. Und zum anderen mit gestiegenen Preisen auf einem angespannten Immobilienmarkt. Um beides miteinander zu vereinbaren, entstand die Idee, statt wie bei Bus-Betriebshöfen üblich in die Breite, lieber platz- und damit kostensparend in die Höhe zu bauen. Als dann der Anstoß aus der Politik kam, auch Einkaufs- und Freizeitangebote für die Veddel zu integrieren, war das Konzept vom neuen Betriebshof damals schließlich für alle rund.
Doch dann kam alles anders. Wir erinnern uns alle an die Corona-Pandemie, die Deutschland und Hamburg ab 2020 plötzlich im Griff hatte. Das öffentliche Leben stand von einem Tag auf den anderen still und mit ihm gingen auch die Fahrgastzahlen für mehrere Jahre stark zurück. Positiv gesagt verschaffte das der HOCHBAHN beim Ausbau der Bus-Infrastruktur Zeit. Und in dieser Zeit veränderten sich wiederum einige entscheidende Rahmenbedingungen: Zum einen entspannte sich der Markt für Gewerbeimmobilien merklich und der Druck, platzsparend in die Höhe bauen zu müssen, ließ nach. Zum anderen stellten sich Kostentreiber für den Betriebshof Veddel heraus, die so zunächst nicht absehbar waren: Erstens höhere Auflagen was den Schutz vor Lärm und Erschütterung z.B. für das geplante Hostel und die weiteren Freizeiteinrichtungen angeht, bedingt durch die direkte Nähe zur S-Bahn. Und zweitens unerwartet hohe Brandschutzauflagen, die wegen des mehrstöckigen Abstellens der E-Busse zu erfüllen wären.
Neue Zeiten brauchen neue Lösungen
Mit Blick auf die neuen Bedingungen hat die HOCHBAHN ihre Planungen also auf den Prüfstand gestellt. Schließlich sprechen wir hier über öffentliche Gelder, mit denen die HOCHBAHN entsprechend verantwortungsvoll umgehen muss. Das Ergebnis: Es lassen sich 135 Mio. Euro sparen, wenn der Betriebshof Veddel nicht gebaut und stattdessen in alternative Lösungen investiert wird – und zwar ohne, dass damit der Busverkehr heute oder in Zukunft eingeschränkt werden müsste. Das ist schon eine ganz schöne Hausnummer.
Dieser Erkenntnis muss die HOCHBAHN nun also ins Auge sehen und den Betriebshof Veddel in der Konsequenz abmoderieren. Auch wenn damit eine von vielen liebgewonnene Idee zu Ende geht, was im ersten Moment natürlich weh tun kann (übrigens auch den Kolleginnen und Kollegen bei der HOCHBAHN, die viel Herzblut in das Konzept gesteckt haben).
Den Blick nach vorn
Nun wird der Betriebshof Veddel aber natürlich nicht einfach ersatzlos gestrichen. An seine Stelle treten neue Pläne, um die Mobilität im Hamburger Süden effektiv und gleichzeitig wirtschaftlich vertretbar nach vorne zu bringen. Eine Zentralwerkstatt für Busse am Stenzelring ist bereits geplant, auf dem Nachbargrundstück kann ein ganzer E-Busbetriebshof ebenerdig und kostengünstig gebaut werden. Und am Hammer Deich wurde bereits ein provisorischer Betriebshof in Betrieb genommen. Der wird nun ausgebaut und elektrifiziert. Außerdem soll die bisherige Buskehre an der S Veddel, die heute zugegeben nicht besonders einladend ist, modernisiert und für die heute wieder wachsenden Fahrgastzahlen fit gemacht werden.
Ihr seht, die Mobilitätswende geht also auch im Süden Hamburgs weiter, nur eben auf neuen, zeitgemäßen Wegen. Was bleibt, und das kann, denke ich, niemand wegreden, ist ein bitterer Beigeschmack was die Nahversorgung auf der Veddel angeht. Denn seien wir ehrlich, auf Supermarkt, Café und Co. hatten sich wohl viele hier am meisten gefreut. Am Ende kann die HOCHBAHN aber keine 135 Mio. Euro mehr aufwenden für etwas, das nun wirklich nicht zu ihrem Kerngeschäft zählt. Das Thema Nahversorgung Veddel muss aber auf der Agenda der Stadt und des Bezirks bleiben.
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Hallo Nora,
natürlich ist die Aufgabe der Hochbahn nicht, die örtliche Nahversorgung sicherzustellen.
Aber gab es denn Überlegungen, das Projekt co-finanziert (mit Beteiligung durch die Stadt oder durch einen privaten Investor) durchzuführen, so dass die Hochbahn nur den verkehrstechnischen Teil finanziert, und der Rest dann durch eine andere Stelle? Warum wurde so ein Finanzierungsmodell nicht weiter betrachtet?
In einem der Medienberichte (NDR? Abendblatt?) las ich, dass aus Brandschutzgründen ein riesiges Wasserbassin hätte vorgehalten werden müssen. Kannst Du das vielleicht noch etwas zu dieser Notwenigkeit erläutern? Selbst große Büro- oder Einkaufszentren oder Verkehrsknotenpunkte wie der Hbf oder der Jungfernstieg haben doch, so denke ich, auch keine Notwasserreservoirs sondern sind „nur“ an die Wasserversorgung angeschlossen. Warum reicht eine solche Wasserversorgung hier nicht aus?
Hallo Dirk, lass mich dazu einmal mit den Expert*innen sprechen. Ich melde mich dann!
Ach, noch etwas: U-Bahn-Paläste anstelle von U-Bahn-Stationen zu bauen, geht finanziell bestimmt immer? Muss nur halt die richtige Gegend sein. Wie die Hafencity.
Man könnte direkt singen: „In Eimsbüttel wär das nicht passiert…“
Es gibt sie eben doch, die für Hochbahn, aber auch S-Bahn, „unbeliebten“ Stadtteile.
Tja, es können eben nicht alle in den szenig-grünen, urbanen Stadtteilen im Hamburger Westen wohnen, und auch nicht in den Elbvororten, den Walddörfern, und vor allem nicht der Hafencity.
Es muss auch Menschen geben, die auf der „falschen Seite der Alster“ wohnen, wie z.B. ich im Wandsbeker Osten mit seinen vollen MAN-Dieselbussen in dichter Folge, ohne DFIs, ohne Fahrkartenautomaten, dafür mit rumpeligen Haltebuchten, aus denen die Busse nicht herausgelassen werden. Busse über Busse, einfach, weil es keine Schnellbahnen gibt.
Und gibt es ja noch die „falsche Seite der Norderelbe“, da sind die Leute ÖPNV-seitig noch schlechter dran.
Deshalb glaube ich auch nicht daran, dass es jemals mit der U4 über das Investorenquartier Moldauhafen hinaus gehen wird, oder nach Jenfeld. Die Leute dort kennen eh nichts anderes als Busse.
Ist zwar nicht eure Baustelle: Aber die S4 wird auch ein Märchen bleiben. Schließlich reichen für uns ja die „beliebte“ RB81 und die ganzen Busnotlösungen aus.
Hallo Jens und danke für den ehrlichen Kommentar! Ich verstehe den Frust total, wenn es im eigenen Stadtteil gefühlt nur schleppend vorangeht. Ich kann dir aber versichern: Die Mobilitätswende soll in der ganzen Stadt kommen und lässt dabei nicht einfach ganze Teile aus. Wir sprechen hier aber über einen Prozess, bei dem es eben immer einen Schritt nach dem anderen vorangeht. Und genauso, wie es im „szenigen Westen“ schicke Haltestellen gibt, gibt es im Osten ja Projekte, auf die manch einer nur neidisch sein kann (ich denke da z.B. an das Projekt U-Bahn100, das den 100-Sek-Takt als allererstes in die Stadtteile Hamm, Horn, Billstedt etc. bringen wird).
Moin Nora, danke schön, sowohl für Antwort, als auch für die Veröffentlichung meiner beiden „Frustkommentare“. 😉
Ja, diese ganzen Vorhaben sind mir bewusst und ich finde diese auch gut. Dazu gehört ja auch die U5, mit der im Nordosten mut dem Bau begonnen wird. Mein Ärger richtete sich weniger um eine eventuell ausfallende Verkehrswende auf der Veddel – der E-Bushof wird ja an anderer Stelle gebaut werden – sondern vor allem um den nun nicht realisierten „Zusammenhub“. Den hätte ich als ein sichtbares Zeichen dafür wahrgenommen, dass einmal ganz bewusst etwas für die Einwohner*innen von Stadtteilen wie Veddel getan wird. Ich empfinde das als eine vertane Chance. Aber gut, nach letzten Informationen will sich nun der Bezirk um die bessere Nahversorgung kümmern. Hoffentlich bleibt es nicht nur bei Worten…
Eine Anfrage zur Hochbahn hätte ich aber noch, bezogen auf meinem vorgestrigen Kommentar:
Warum werden die Busbuchten auf dem vielbefahrenen Anfangsbereich der Linie 9 (und ähnlich bestimmt auch auf anderen Linien bei uns) nicht saniert?
Diese sind noch gepflastert, an manchen Stellen nur mit Asphalt ausgebessert und teilweise in äußerst schlechtem Zustand, was sich stark beim Ein- und Ausfahren des Busses bemerkbar macht.
Vielleicht wäre das ein Thema zum näher Hinschauen für euch von der Online-Redaktion?
Moin Jens! Zu deiner Frage mit den Busbuchten: Ich weiß nun nicht, welche Haltestelle du genau meinst. Der Busbahnhof Rahlstedt wird ja aktuell komplett neu gebaut, sodass dort aktuell einige (provisorische) Ersatzhaltestellen eingerichtet sind. Und am anderen Ende bei Wandsbek Markt sind auch keine Probleme bekannt, die Anlage ist ja auch noch nicht so alt.
Endlich mal richtig gemacht. Es kann nicht sein das die Hochbahn nur unser Steuergeld verbrennt