Wie nachhaltig sind eigentlich die Lieferketten bei den E-Bussen? 

Hamburg ist mit Berlin sicherlich DIE Stadt in Deutschland, die beim Einsatz von lokal emissionsfrei angetriebenen Elektrobussen sehr weit vorne ist. In unserer Stadt fahren bei der HOCHBAHN aktuell 167 E-Busse, bei unserer „Schwester“ VHH sind es 110. Ende des Jahres sollen in Hamburg insgesamt 365 klimaschonende Busse unterwegs sein. Und die sparen im Einsatz beträchtliche Mengen CO2 ein. Allein die Umstellung der HOCHBAHN-Busflotte mit ihren rund 1 100 Bussen bringt jährlich 65 000 Tonnen eingespartes CO2. Und das soll bis 2030 umgesetzt werden.

Die HOCHBAHN Flotte wird immer klimafreundlicher.

 

Die Sache mit den Herkunftsländern

So weit, so gut. Aber immer wieder taucht – auch gerade auf den sozialen Plattformen der Hinweis auf, dass der emissionsfreie Betrieb ja nur eine Seite der Medaille sei. Denn hier wäre ja nicht berücksichtigt, dass die Produktion der Busse und vor allem der Batterien mit Umweltwirkungen verbunden ist. Aber vor allem weil sehr viele Rohstoffe und Vorprodukte aus Entwicklungs- und Schwellenländern kommen, wo nicht klar ist, unter welchen sozialen Bedingungen die Menschen in der Lieferkette arbeiten. 

Zwar gibt es seit 2023 in Deutschland das Lieferkettengesetz: Es legt Unternehmen die Pflicht auf, Menschenrechte und auch den Schutz der Umwelt in ihrer Lieferketten zu achten. Wichtige Bestandteile dieser Sorgfaltspflicht beziehen sich dabei allerdings nur auf das Unternehmen selbst und seine direkten Zulieferer, greifen also nicht immer bis zum Anfang der Lieferkette (Quelle: Lieferkettengesetz : Zum Schutz der Menschenrechte | Bundesregierung). 

Reicht das? Die HOCHBAHN meint, Nein. Es ist wichtig, Transparenz in der ganzen Lieferkette zu schaffen. Woher kommen die Stoffe? Und wer baut sie z.B. ab? Schon bei der letzten Ausschreibung unserer Busse waren deshalb Nachhaltigkeitskriterien zu 10 Prozent vergaberelevant. Und somit von Herstellern schon heute Transparenz über die komplette Liefer- und Produktionskette gefordert. Aber wie setzt man solche Kriterien um, denn die Einkäuferinnen und Einkäufer der HOCHBAHN können ja nicht die Arbeitsbedingungen in den asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Fabriken untersuchen?

 

Gemeinsam für mehr Transparenz

Deshalb ist die HOCHBAHN dem Low Emission Vehicle Programme der NGO Electronics Watch beigetreten. Diese Organisation, der auch Städte wie Amsterdam, Barcelona, Kopenhagen, Malmö und Oslo, aber auch die Verkehrsbetriebe in Barcelona und London angehören, unterstützt die Partner dabei, dass sie ihre Lieferketten nachhaltig und entsprechend der Menschenrechte ausgestalten können.  

Electronics Watch hat ein weltweites Netz an Monitoring-Partnern geknüpft, die detailliert über die Situation vor Ort und über mögliche Menschrechts- oder Umweltverstöße berichten können. Wenn die Partner über dieses Monitoring und die entsprechenden Berichte von Missständen erfahren, können sie bei ihren Zulieferern nachfragen, ob ihre eigene Lieferkette davon betroffen ist. Sollte das der Fall sein, ist es das Ziel, dass die Zulieferer darauf drängen, diese Missstände abzustellen.

Der Druck auf Zulieferer, ihre Lieferketten nachhaltig zu gestalten, steigt natürlich, wenn mehrere Abnehmer mit ihrer gebündelten Nachfrage zusammen dieses Ziel verfolgen. Deshalb war die Freude groß, dass auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), immerhin noch ein bisschen größer als die HOCHBAHN, den gleichen Schritt getan und dem Netzwerk beigetreten sind. Damit sind die beiden größten Besteller von Elektrobussen schon mal dabei – und hoffentlich folgen noch viele weitere. 

Unsere E-Bus-Flotte unter dem Ladecarport in Alsterdorf.

Mit Hilfe von Electronics Watch werden auch die Kriterien für die Ausschreibungen von Bussen verändert. Hier müssen die bietenden Unternehmen künftig schon vorab Angaben zu den Arbeitsbedingungen in der Lieferkette machen. Und diese Antworten gehen mit 10 Prozent in die Entscheidung ein, wer die Busse liefern darf. Um das nachzuhalten, werden jährliche Reports von den Lieferanten verlangt. 

Bedeutet: Nein, noch können wir nicht sagen, ob alle Lieferketten nachhaltig sind und auch die Menschenrechte bis hin zur Förderung der Rohstoffe eingehalten werden. Unser Ziel ist aber klar: Wir wollen die nachhaltige Beschaffung von E-Bussen zum Standard machen. Dabei sind wir zuversichtlich, dass wir mit starken Partnern hier einen wichtigen Schritt weiter kommen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. 


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2 Kommentare zu: Wie nachhaltig sind eigentlich die Lieferketten bei den E-Bussen? 

  1. Könnt ihr denn sagen wie nachhaltig und fair die Lieferketten bei euren Dieselbussen inklusive Ersatzteilen und Treibstoff waren bzw. sind? Gibt es dort ein Monitoring für Menschrechts- oder Umweltverstöße? Danke im Voraus für die Antworten.

    1. Dieselbusse haben wir ja nur bis 2020 gekauft – da gab es weder das Lieferkettengesetz noch unsere Kooperation. Bei jedem ab jetzt angeschafften E-Bus geht das Thema Nachhaltigkeit aber mit 10 % in die Bewertung ein und wir schaffen eben mit Electronics Watch Transparenz in der Lieferkette.

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