Das Projekt HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation) hat eine spannende Testphase hinter sich. Der autonom fahrende Kleinbus war für einen Monat lang mit Fahrgästen an Bord in der HafenCity unterwegs. Knapp 600 Leute haben sich in dieser Zeit einen eigenen Eindruck davon verschafft, wie sich der Bus selbstständig durch den normalen Straßenverkehr bewegt.
Bei vielen Fahrgästen stieß das neue Fahrerlebnis auf großes Interesse, bei manchen aber auch auf Skepsis. Ich habe mir mal die Fragen der bisherigen Fahrgäste und auch unserer Community geschnappt. Hier beantworte ich sie für alle Leserinnen und Leser.
Autonomes Fahren gibt es doch auch woanders schon. Was ist jetzt an HEAT so besonders?
Natürlich gibt es auch in anderen Städten und Ländern bereits autonome Fahrzeuge im Straßenverkehr. Ein Beispiel hierfür ist der Bahnhofszubringer im oberbayrischen Bad Birnbach oder auch der autonome Shuttle in Lauenburg.
Die Besonderheit bei HEAT ist, dass der Bus bereits mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h im innerstädtischen Straßenverkehr unterwegs ist. Dadurch kann er Kreuzungen – auch solche mit Ampeln – sicher passieren. Zudem finden die HEAT-Fahrten im öffentlichen Verkehrsraum im direkten Umfeld anderer Verkehrsteilnehmer wie Fahrzeugen, Fußgängern, Fahrradfahrern und, und, und statt.
Das alles ist nur möglich, weil das Shuttle nicht nur selbst sein Umfeld mit Sensoren wahrnimmt, bewertet und darauf reagiert, sondern parallel permanent auf zwei weitere Informationsquellen zugreift. Zum einen ist das eine neuartige Streckeninfrastruktur, die von Siemens Mobility entwickelt wurde und durch Hamburg Verkehrsanlagen (HHVA) bereitgestellt wird. Dabei handelt es sich um zusätzliche Sensoren, die in Masten entlang der Strecke eingebaut sind und das Sichtfeld des Kleinbusses erweitern. Hierdurch kann das Fahrzeug sogar um die Ecke schauen. Bedeutet: Es muss sich nicht an der Haltelinie vortasten, sondern kann recht zügig um die Kurve fahren.
Als zweite Informationsquelle nutzt das Fahrzeug eine bis auf wenige Zentimeter genaue, hochauflösende und aktuelle Karte (HD) über die Strecke, die von der Stadt Hamburg zur Verfügung gestellt wird. Damit kann der Kleinbus sämtliche Informationen über das Verkehrsumfeld von insgesamt drei Quellen übereinanderlegen und entsprechend schnell auf potenzielle Einflüsse reagieren. Beispielsweise können sogar Passanten frühzeitig entdeckt werden, die hinter anderen Fahrzeugen versteckt und damit für das eigentliche Auge nicht sichtbar sind.
Und wofür soll das Ganze gut sein? Brauchen wir das?
Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind sich einig: Autonomes Fahren hat das Potenzial, die Zukunft der Mobilität zu verändern. Da macht es Sinn, dass sich die HOCHBAHN als größtes Verkehrsunternehmen innerhalb des HVV dieser Mobilitätsform frühzeitig annimmt. Es wird untersucht, ob und wenn ja, wie autonome Fahrzeuge sinnvoll in den ÖPNV integriert werden können.
An dieser Stelle kommt natürlich die Mobilitätswende ins Spiel. Nachhaltige und umweltschonende Verkehrsangebote wie ÖPNV und Fahrrad sollen weiter an Bedeutung gewinnen. Die Nutzung des motorisierten Individualverkehrs soll gleichzeitig reduziert werden.
Das funktioniert aber nur, wenn das Angebot so attraktiv ist, dass die Leute ihr Auto dafür zu Hause stehen lassen (oder bestenfalls abschaffen).
Was dabei beispielsweise keine zukunftsträchtige Lösung wäre: Der Einsatz von großen Bussen in Randbezirken, die aufgrund der eher geringen Fahrgastnachfrage nur in unattraktiven Takten verkehren und dabei weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll sind.
Stattdessen: Autonome, elektrisch betriebene Shuttles. Sie sind in ihrer Größe auf die Nachfrage in den Randbezirken und Tagesrandlagen abgestimmt. Damit könnten sie als Zubringer zum Schnellbahnnetz verkehren. Durch den autonomen Betrieb könnte die Taktdichte problemlos bedarfsgerecht erhöht werden. Die Busse würden als Alternative zum Auto viel attraktiver und wären gleichzeitig wirtschaftlich vertretbar.
Ist die Technik denn wirklich sicher genug, um die Busse dort künftig einzusetzen?
Klar ist, dass es sich bei HEAT nach wie vor um ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt handelt. Heißt: Die Technik wird aktuell umfassend getestet, um das Potenzial für den ÖPNV zu checken. Klar ist aber natürlich auch, dass Sicherheit dabei an erster Stelle steht. Darum setzt das Team um HEAT auch auf viele, verschiedene Informationsquellen für das Fahrzeug im städtischen Verkehr. Dabei kommt das Projekt auch Schritt für Schritt voran, seit Neuestem eben erstmalig mit Fahrgästen an Bord. Das Feedback der Fahrgäste ist auch wichtig, um das Projekt weiter zu optimieren. Dazu wurden während der nun abgeschlossenen Testphase auch Befragungen mit den Fahrgästen durchgeführt.
Damit das Projekt bereits im Entwicklungsstatus für den normalen Straßenverkehr zugelassen werden konnte, ist ein Fahrzeugbegleiter mit an Bord, der im Zweifel eingreifen kann. Faktisch gibt es heute und in absehbarer Zeit auch noch gar keinen rechtlichen Rahmen für das autonome Fahren ohne Fahrzeugbegleiter. Aber mit Erfolgserlebnissen wie dem Fahrgastbetrieb kommen wir dem Ziel jedes Mal ein Stückchen näher. Und ab dem nächsten Jahr startet die nächste Testphase, dann sogar auf der kompletten Teststrecke von 1,8 km.