100 Jahre Busfahrschule – professionelle Ausbildung seit 1924

Busfahrerinnen und Busfahrer sind echte Allrounder: Sie kennen ihre Linienverläufe mit möglichen Umleitungen, manövrieren die Busse sicher durch den Großstadtverkehr, kennen deren Technik und haben immer ein offenes Ohr für ihre Fahrgäste. Um eine qualitativ hochwertige Ausbildung sicherzustellen, betreibt die HOCHBAHN eine eigene Busfahrschule – seit inzwischen 100 Jahren. Insgesamt rund 24 000 Fahrerinnen und Fahrer wurden in dieser Zeit ausgebildet. Eine echte Hausnummer und ein guter Grund zum Feiern!  

Aber erst einmal ein Blick zurück: Das Buszeitalter beginnt in Hamburg im Dezember 1921 mit der ersten probeweise eingerichteten Linie zwischen Schlump und Landwehr. Richtig los mit einem Linienverkehr geht es dann 1924 und schon 1928 fahren 97 HOCHBAHN-Busse sowie 12 Beiwagen unterschiedlicher Typen durch die Hansestadt. Und es ist ein Erfolg: Die Zahl der Busfahrgäste steigt in den Jahren 1928 und 1929 von 9,5 auf 11,4 Millionen.  

Mehr Busfahrer für Hamburg 

Um für das schnell wachsende Busnetz genügend passend qualifizierte Fahrer zu haben, setzt die HOCHBAHN von Anfang an auf eine professionelle Ausbildung in Eigenregie: Am 1. August 1924 stehen die ersten Anwärter bereit, um in der Busfahrschule die Schulbank zu drücken. Die Räumlichkeiten sind bezeichnend für den technischen Wandel. Denn die Busfahrschule ist anfangs in alten Pferdeställen in einem Depot an der Breitenfelder Straße untergebracht – die Pferdebahnen von einst sind damit endgültig von moderner Fahrzeugtechnik abgelöst worden.

Einer der ersten HOCHBAHN-Fahrschulbusse im Einsatz
Ein Fahrschulbus der Hochbahn auf den Straßen Hamburgs unterwegs.

Theorie und Praxis der Busfahrschule 

Selbstverständlich stehen die Verkehrsregeln mit dem Erwerb des Führerscheins auf dem Unterrichtsplan, dazu noch Linien- und Fahrplankunde. Wesentlich ist es außerdem, ein grundsätzliches Verständnis für die noch recht neuen Busse und ihre Technik zu vermitteln, zumal die wenigsten Menschen damals ein eigenes Auto haben. Die Fahrzeuge unterschiedlichen Typs müssen also nicht nur gefahren werden können, es geht auch darum, die mechanisch-technische Funktionsweise zu verstehen und kleinere Reparaturen auf Strecke selbst ausführen zu können.

Natürlich steht aber auch praktisches Fahren auf dem Lehrplan. Genutzt wird dafür anfangs noch ein Lastwagen von Büssing, der jedoch bald durch einen dreiachsigen Bus ersetzt wird. Die Leitung der Busfahrschule übernimmt Detlef Dierks, dem Fahrlehrer Ernst Selle zur Seite steht. Beide zusammen bilden im ersten „Schuljahr” 1924 50 Busfahrer aus.

Die Busfahrschule in der Nachkriegszeit 

Eine Ausnahmesituation stellt dann der Zweite Weltkrieg dar, denn ein Großteil der Busse ist bereits 1939 beschlagnahmt und die Fahrer sind zum Kriegsdienst eingezogen worden. Unmittelbar nach Kriegsende ist der Bedarf an Busfahrern zur Wiederaufnahme des Betriebs und der angedachten Ausweitung des Liniennetzes entsprechend groß. Und so werden im zweiten Halbjahr 1945 mehr als 1 000 Busfahrer ausgebildet. Die Besonderheit dabei: Praktisch gefahren wird nicht mit einem Bus. Die Fahrschüler bugsieren mit einem Lkw einen angehängten Bus durch die vielfach von Trümmern gesäumten Straßen.

Mehrere Fahrschulbusse der Busfahrschule in den 1950er Jahren.
Ein Fahrschulgespann um 1950.

Neue Kollegen und erstmals Kolleginnen

Einen Neuanfang macht die Busfahrschule dann in den 1950er Jahren. Die Lehrinhalte werden modernisiert und den Betriebsanforderungen angepasst. So fahren die Busse seit 1951 im Ein-Mann-Betrieb, die angehenden Busfahrer müssen nun also auch Kassieren und die Fahrscheine kontrollieren. 1963 kommt dann der Sprechfunk zwischen den Bussen und der Leitstelle hinzu. Und natürlich verändern sich immer wieder die eingesetzten Bus-Typen, sodass die spezifische Technik erlernt werden muss. 1968 gibt es die ersten Busse mit Servolenkung, 1974 werden dann die ersten Fahrzeuge mit einer automatischen Kupplung ausgerüstet.

Während die Busfahrschule selbst mehrfach umzieht – von der Breitenfelder Straße auf den Busbetriebshof Langenfelde, 1954 dann ins Depot am Krohnskamp und 1970 wieder nach Langenfelde –, verändert sich auch die Zusammensetzung der Fahrschulklassen. Denn seit Ende der 1960er Jahre werden viele Busfahrer im Ausland angeworben. Die meisten kommen aus dem damaligen Jugoslawien, zwischen 1969 und 1975 etwa 500. Um ihnen den Einstieg zu erleichtern, werden die Unterrichtsmaterialien übersetzt und Dolmetscherinnen unterstützen aktiv im Unterricht.

Und ab 1972 dürfen dann auch Frauen die Busfahrschule durchlaufen, nachdem gesetzliche Regelungen abgeschafft wurden, die Frauen das berufsmäßige Fahren von Bussen und Lkw verboten. Sofort startet die HOCHBAHN mit der Ausbildung von Busfahrerinnen – als erstes Nahverkehrsunternehmen in der Bundesrepublik. Die ersten drei Busfahrerinnen Elfriede Land, Ingeburg Morgenstern und Gundula Jablonski gehen dann im Frühjahr 1972 auf Strecke. Und Ende 1973 sind dann schon 20 Busfahrerinnen der HOCHBAHN auf Hamburgs Straßen unterwegs.

Mitte der 1970er Jahre stehen den acht Fahrlehrern und drei Fahrmeistern 12 Schulungsfahrzeuge zur Verfügung, auf denen mindestens 30, durchschnittlich aber etwa 70 Stunden Fahrpraxis gesammelt werden müssen. Hinzu kommen 105 Stunden Theorie. Dann müssen Kurse in Erster Hilfe, Tarif- und Streckenkunde absolviert und nicht zuletzt auch Feuerlöschübungen abgehalten werden – und natürlich die jeweiligen Prüfungen bestanden werden. Am Ende haben damals jährlich fast 400 Anwärterinnen und Anwärter nach der viermonatigen Ausbildung den Lkw- bzw. Busführerschein und den Führerschein zur Fahrgastbeförderung in der Tasche.

Eine Busfahrschulklasse in den 1990er Jahren.
Blick in eine Klasse der Busfahrschule in den 1990er Jahren.

Immer am Puls der Zeit: Die Busfahrschule heute

Heute durchlaufen etwa 180 Personen jährlich die Busfahrschule. Dabei geht es nach wie vor um die Theorie und Praxis für den Führerschein der Klasse D sowie die Qualifikation zur Berufskraftfahrerin bzw. zum Berufskraftfahrer, gefolgt von der innerbetrieblichen Ausbildung. Natürlich ändern sich die internen Anforderungen und die Bustechnik stetig, vor allem vor dem Hintergrund, dass bis 2032 die gesamte Flotte mit rund 1 100 Bussen auf emissionsfreie Antriebe umgestellt wird. Aber in den letzten 100 Jahren hat sich auch bei der Ausbildung selbst einiges getan: So wurde beispielsweise das Lehrfahrer*innen-Konzept entwickelt und immer weiter optimiert, begleitende fachspezifische Deutschkurse für Nichtmuttersprachlerinnen und Nichtmuttersprachler eingeführt oder die Ausbildung von eigenen Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern gestartet. Die Busfahrschule ist damit seit einem Jahrhundert am technischen Puls der Zeit und berücksichtigt dabei die sich kontinuierlich wandelnden betrieblichen und personalpolitischen Gegebenheiten.


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1 Kommentar zu: 100 Jahre Busfahrschule – professionelle Ausbildung seit 1924

  1. Das Fahrschulgespann mutet zu Ausbildungszwecken ein wenig skuril an.
    Das Bild entstand wohl eher, als ein erster O-Bus auf seine Strecke geschleppt wurde.
    Für eine Fahrschule wohl auch kein Ruhmesblatt, dass das Anhängerdreieck nicht aufgerichtet war 😉

    Bei dem Schlepp-LKW dürfte es sich um einen umgebauten Vorkriegsbus vom Typ Büssing-NAG 650n handeln. Bei vielen Verkehrsunternehmen kamen kriegsbeschädigte Busse so zu einem zweiten Leben. Meistens erfolgten die Umbauten in den eigenen Werkstätten, die seinerzeit über qualifiziertes Personal für die Fahrgestell- und Antriebstechnik und für die Aufbauinstandsetzung verfügten.

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