U1-Sperrung

Von einer Insel ohne Berge, aber mit Zügen

Der eine oder die andere von euch sind vermutlich von der aktuellen U1-Sperrung zwischen Ohlsdorf und Kellinghusenstraße genervt. Hinzu kommen Fahrgäste, die bereits gefragt haben, wieso zusätzlich noch Kurzzüge auf dem oberen Abschnitt zwischen Norderstedt Mitte und Ohlsdorf eingesetzt werden.

Für alle, die das betrifft, habe ich zwei gute Nachrichten:

Erstens: Die Hälfte der Sperrzeit ist bereits geschafft. Nur nochmal in etwa so lange durchhalten und die U1 ist wieder auf gesamter Strecke befahrbar (bis auf eine temporäre Durchfahrt in Alsterdorf).

Zweitens: Die U1 wird ab den kommenden Tagen wieder komplett mit Langzügen zwischen Norderstedt Mitte und Ohlsdorf unterwegs sein. Aber was steckt eigentlich dahinter?

„Inselbetrieb“ auf der U1

Durch die aktuelle U1-Sperrung ist der oberste Streckenabschnitt zwischen Norderstedt Mitte und Ohlsdorf vom restlichen U-Bahn-Netz abgetrennt. Es entsteht sozusagen eine Insel, auf der die Züge zwischen Norderstedt Mitte und Ohlsdorf hin- und herpendeln.

Nun ist es aber so, dass U-Bahn-Züge regelmäßig gewartet werden müssen. Sie sind jeden Tag auf der Schiene, legen täglich Hunderte von Kilometern zurück und befördern Tausende von Fahrgästen. Da ist es allein schon aus Sicherheitsgründen wichtig, die Fahrzeuge auch einem regelmäßigen Check zu unterziehen. Die Werkstatt für die U1-Züge liegt allerdings in Farmsen – und die ist durch die aktuelle U1-Sperrung eben nicht erreichbar. Die Bauarbeiten für den barrierefreien Ausbau der Haltestellen Alsterdorf und Hudtwalckerstraße, die Brückenerneuerung an der Carl-Cohn-Straße sowie Sanierungs- und Gleisbauarbeiten entlang der gesperrten Strecke stellen zahlreiche Hindernisse dar und machen ein Durchkommen der Züge quasi unmöglich. Wie also soll die Wartung dann funktionieren?

Erste Abhilfe schaffen zwei Gleise in Ochsenzoll, die bereits 2013 sozusagen als Behelfswerkstatt eingerichtet wurden. Dort können Züge hingefahren werden, um unter die Lupe genommen zu werden. Das funktioniert deshalb, weil beispielsweise die Gleise keine Stromschienen haben. Und seitlich befinden sich keine Laufstege, die den Zugang zum unteren Teil der Fahrzeuge versperren.

Gleise als Behelfswerkstatt
Gleise für die Wartung der U-Bahn-Fahrzeuge

Nach bestimmten Intervallen ist es dennoch notwendig, die Züge in die vollausgestattete Werkstatt zu bringen, um sie wieder voll einsatzfähig auf Strecke zu bringen. Bleibt also weiterhin die Frage, wie die U1-Züge die Baustelle passieren können, um in die Werkstatt zu gelangen und durch neue Züge auf der Strecke ersetzt zu werden.

Die Baustellenplanung macht´s möglich

Diese Frage wurde natürlich von Beginn an im Rahmen der Baustellenplanung auf der U1 mitberücksichtigt. Die wesentliche Knackstelle: die Brückenerneuerung an der Carl-Cohn-Straße. Denn ohne Brücke auch kein Durchkommen der Züge. Der Brückeneinbau musste also zeitlich so geplant werden, dass die U1-Züge im Anschluss rechtzeitig ausgetauscht werden können. Und das hat geklappt: vor etwa einer Woche wurde die neue Brücke erfolgreich eingebaut. Damit ist die erste und entscheidende Hürde also überwunden.

U1-Brückeneinhub
Die neue U1-Brücke über die Carl-Cohn-Straße wurde mithilfe eines Mobilkrans eingesetzt

Die nächste Herausforderung ist, wie die Züge nun einen Streckenabschnitt überwinden, der aufgrund der Bauarbeiten nicht mit Strom versorgt werden kann.

Zugaustausch mit der Akkulok

An dieser Stelle kommt eine Akkulok ins Spiel. Sie wird mit wiederaufladbaren Batterien betrieben und kann die Strecke auch ohne Stromschienen befahren. Die U1-Züge werden mit einer speziellen „Adapterkupplung“ an die Akkulok gekuppelt und durch die Baustelle gezogen.

Kupplung der U1-Züge an die Akkulok
Für den Zugaustausch werden die U1-Züge an die Akkulok gekuppelt

Insgesamt handelt es sich dabei um 22 Züge. 11 Züge, die aus „der Insel“ geholt und bis zur Kellinghusenstraße gezogen werden. Von dort aus können sie wieder mit eigener Kraft in die Werkstatt nach Farmsen fahren. Im Gegenzug müssen dann weitere 11 Züge in die andere Richtung gezogen werden, um für den Betrieb zwischen Norderstedt Mitte und Ohlsdorf eingesetzt werden zu können.

Zugaustausch auf der U1
Mit der Akkulok werden die U1-Züge durch die Baustelle gezogen

Das Ganze findet immer im Wechsel statt: Sobald ein Zug aus der Insel gebracht wurde, kommt ein Neuer wieder rein. Für diese Aktion werden die nächtlichen Betriebspausen genutzt. Innerhalb der nächsten Tage wird der Zugaustausch auf der U1 abgeschlossen sein. Dann sind die Züge auf dem nördlichen Streckenabschnitt auch wieder in Vollzügen unterwegs. Und für die betroffenen Fahrgäste der U1-Sperrung gilt: Haltet noch ein bisschen durch, dann bringt euch die U1 bald auch wieder in vollem Leistungsumfang von A nach B 😊  

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6 Kommentare zu: Von einer Insel ohne Berge, aber mit Zügen

  1. Hallo, eine Frage zu dem älteren Artikel:
    Bei dem Bild zu der „Behelfswerkstatt“ der Gleise in Ochsenzoll: ist hier tatsächlich das richtige Bild eingebettet worden? Auf diesem Bild sind links und rechts Stromschienen zu sehen 😉

  2. Sehr interessanter Einblick. Aber eine Frage bleibt mir: Wie wird der Akku der Arbeitslok geladen? Über die Stromschiene oder über die Steckdose?

    1. Beides 🙂 auf dem Lagerhof gibt es spezielle Ladestationen, es kann aber auch über die Stromschiene geladen werden

  3. Tolle Informationen. Sehr interessant und zeigt einen guten Einblick was bei der Streckensperrung der U 1 „nebenbei“ zu berücksichtigen und einzuplanen war.
    Vielen Dank dafür!

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