Am 29. Juni 2015 ging es auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz um harte Zahlen und Fakten. Einmal im Jahr präsentieren wir dort die wirtschaftliche Situation der HOCHBAHN, wie sich Fahrgastzahlen entwickelt haben und Verkehrsleistungen ausgeweitet werden (können).
Mehr Fahrgäste und Fahrzeuge kosten verständlicherweise Geld. Woher dieses Geld eigentlich kommt und was die HOCHBAHN damit macht, habe ich mir mal genauer angesehen.
Einnahmen oder woher die HOCHBAHN Geld bekommt
Wenn man mich gefragt hätte, was den größten Anteil der Einnahmen eines Verkehrsunternehmens ausmacht, hätte ich wohl geantwortet: Fahrkarten. Es ist also wenig überraschend, dass das bei der HOCHBAHN genauso ist. Sie machen 60% der gesamten Einnahmen aus. Allerdings ist dieser Anteil doch wieder nicht gerade hoch, wenn man berücksichtigt, dass dann die 40% der restlichen Einnahmen aus anderen Quellen als den Fahrgästen stammen. Woher also?
Der zweite große Posten stammt aus Vermietungen von Werbeflächen, Läden und Verkaufsständen. Dieser Anteil von 21% wird also vom Unternehmen mit Geschäften erarbeitet, die mit der Fahrgastbeförderung nichts zu tun haben. So weit, so gut.
Dann gibt es noch öffentliche Mittel, die für Einnahmen sorgen: im Wesentlichen sind das Ausgleichszahlungen für Schülerverkehre oder Schwerbehinderte, aber auch die „Strafen“ für Schwarzfahrer fließen hier rein.
Alle Positionen zusammen decken insgesamt 90% der durch die Verkehre der HOCHBAHN entstehenden Kosten. Im Vergleich zu anderen Verkehrsunternehmen – so sagen die Finanzexperten der HOCHBAHN – ein Spitzenwert. Aber um alle Kosten decken zu können, übernimmt die Stadt die restlichen 10%. Das ist der sogenannte Defizitausgleich.
Eigentlich decken Fahrgäste mit ihren Fahrkartenkäufen also nur 60% der entstehenden Kosten ab:
HOCHBAHN bekommt Geld von den Fahrgästen = 60%
HOCHBAHN erwirtschaftet Geld durch Vermietung etc. = 30%
Um alle Kosten decken zu können, gibt es obendrein Geld von der Stadt = 10%
Bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die Preise der Fahrscheine nicht alle Kosten decken, sondern eben nur 60%. Das ist übrigens eine politische Entscheidung, dass die Fahrgäste nicht für die kompletten Kosten ihrer Beförderung aufkommen müssen.
Ausgaben oder was die HOCHBAHN mit dem Geld macht
Was steckt denn nun genau hinter den Gesamtkosten der HOCHBAHN, die im vergangenen Jahr bei 556 Millionen Euro lagen?
Ganz einfach gesprochen, das meiste Geld kosten die Mitarbeiter der HOCHBAHN. Mit 40% ist das der größte Posten der Ausgaben. Das ist nicht wirklich verwunderlich, wenn man bedenkt, dass alleine 1.900 Busfahrerinnen und Busfahrer sowie rund 500 Zugfahrerinnen und Zugfahrer, aber auch alle Techniker und Handwerker, die für den Betrieb notwendig sind, bezahlt werden wollen und sollen.
Material und Fremdleistungen belaufen sich zusätzlich auf knapp 16 %. Überraschend war für mich aber schon, dass die Ausgaben für Diesel bei relativ geringen 3,7% und für Strom bei 3,4 Prozent liegen, denn immerhin verbrauchen die Busse und U-Bahnen doch schon einiges an „Treibstoff“. Das heißt also auch, dass ein geringerer Dieselpreis kaum die Gesamtkosten der HOCHBAHN beeinflusst.
Nicht anders zu erwarten war, dass die Instandhaltung von 950 Bussen und knapp 250 U-Bahn-Fahrzeugen schon mit über 15% zu Buche schlägt. Für die Investitionen – und von denen hat die HOCHBAHN jedes Jahr viele (neue Betriebshöfe, neue U-Bahn-Fahrzeuge und Busse etc.) – kommen noch Abschreibungen und Zinsen dazu.
Komplizierte Materie – aber wenn man etwas einsteigt in das Thema doch schon nachvollziehbar.
Mich interessiert noch wieviel Geld der Hochbahn durch Schwarzfahrer entgehen. Und ausserdem wieviel mehr Geld nun in die Kassen kommt, seitdem es den Einstieg vorne gibt.
Schwarzfahrer kosten die HOCHBAHN jedes Jahr 10 Mio. Euro. Vor dem Einstieg vorn waren es 15 Mio. Durch den Einstieg vorn hat sich der Verlust also verringert.
Wie sieht die Konzernführung die Mehreinnahmen ? Lohnt sich für die 5 Millionen Euro der Einstieg vorne ?
Kennt die Konzernführung die Kritik zum Einstieg vorne und wie steht sie dazu ?
Die Unternehmensleitung kennt natürlich die Ergebnisse und auch die vereinzelt kritischen Anmerkungen und hält an dieser, die Schwarzfahrerquote deutlich senkenden Maßnahme fest.
Wie teilt sich denn der Bereich „Abschreibungen + Zinsen“ (15%) auf? Abschreibungen gibt es natürlich, bei „Zinsen“ fragt sich, gibt es hier Sparpotential durch Eigenkapitalerhöhungen zur Finanzierung von Investitionen?
Eine andere Anmerkung- abgesehen von der Kostensituation erscheinen mir die absoluten Ticketpreise hoch. In Barcelona konnte ich ein 10er Ticket für 10 € kaufen, jede Fahrt im Stadtbereich, egal wie weit, kostete 1 €. Möglicherweise ist dies staatlich stärker subventioniert, was ja in Anbetracht der politischen Willensbekundungen zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs bedenkenswert wäre. Ohne hier nun polemisierend auf Projekte wie die viel kritisierte Elbphilharmonie mit wohl am Ende einer Milliarde Kosten zu verweisen. 😉 Zudem auch eine transparente Preisgestaltung, das Hamburger Tarifsystem mit verschiedenen Zonen ist m.E. unnötig kompliziert. Lässt sich dies nicht grundlegend vereinfachen?
Als 100%ige Tochter der Stadt Hamburg können wir gegenüber den Banken mit einer hohen Kreditwürdigkeit punkten. Hinzu kommt, dass wir vom derzeitig sehr niedrigen Zinsniveau profitieren, so dass wir momentan bei der Aufnahme von neuen Darlehen sehr gute Konditionen bekommen. Richtig sparen lässt sich an dieser Stelle also leider nicht.
Zum Thema Tarifsystem nur so viel: Ich bin da ganz bei Ihnen, das ist wirklich nicht einfach zu verstehen. An diesem Thema sind alle Verkehrsunternehmen und der HVV aber dran.
Ich will ja keine alten Kamelnen ausgraben aber was ist den aus der Vereinfachung des Ticketsystems geworden? 3 Jahre später hat sich absolut nichts zum besseren gewandelt…
Mit PVS und Check-in-Be-Out (CIBO) geht es doch m.E.n. in die richtige Richtung. Insbesondere mit CIBO wird es künftig überflüssig, sich über Ticketarten Gedanken zu machen, da das System immer das für mich günstigste Angebot raus sucht.
Bei Ihnen arbeiten 1.900 Busfahrerinnen und Busfahrer sowie rund 500 Zugfahrerinnen und Zugfahrer, sehr interessant.
Und, wie hoch ist die Anzahl der Techniker, Handwerker, usw. die für den Betrieb notwendig sind?
Oder anders gefragt.
Wie hoch ist die Anzahl der Beschäftigten, die nicht als Busfahrer und Zugfahrer tätig sind? Danke und freundlichst B. Plicht
Insgesamt arbeiten bei der HOCHBAHN 4.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Rund 2.500 davon arbeiten im Betriebsdienst (Bus- und Zugfahrer).
„Der Verkehrsvertrag gilt für die S-Bahn, nicht für die Hochbahn.“
Ja, es stimmt. Der Vertrag wurde mit der S-Bahn geschlossen. Aber was steht denn u.a. in dem Vertrag?
Genau, der Fahrpreis wurde da nämlich für 10 Jahre festgelegt. Es wurde nämlich vereinbart, dass der Preis jedes Jahr um mindestens 2% steigt. (Zwischen 2007 und 2017) Jetzt habe ich mal eine Frage: wenn die Karte für z.B. den GBH 3,10€ kostet, dann gilt das sowohl für die Fahrt mit S-Bahn, als auch mit alle anderen Fahrzeugen des HVV, oder nicht? Ergo. Auch die Hochbahn profitiert von den regelmäßigen Erhöhungen der Fahrpreise. Insgesamt hat die Hochbahn sogar höher profitiert, als die S-Bahn, weil sie nämlich zusätzliche Boni erhalten hat und die S-Bahn nicht bzw seltener, was im Übrigen auch nicht der Effizienz zu verdanken war, sondern den technischen Problemen der S-Bahn. (Ausfälle und Störungen im Winter usw)
@ Bea:
Hier muss man die Hochbahn wirklich mal erheblich „in Schutz nehmen“, auch wenn sie das bei ihrem eigenen Selbstbewusstsein eigentlich nicht braucht ;-).
Die Berliner BVG hat m.E. nicht annähernd die Effizienz der Hochbahn und auch keine 90% Kostendeckung. Hier gibt es in beiden Städten erhebliche Unterschiede in der Abrechnungssystematik: Berlin hat einen Verkehrsvertrag (der Eigentümer „Berliner Senat“ ist Vertragspartner seiner eigenen Anstalt öffentlichen Rechts BVG; das zeigt schon die Sinnhaftigkeit einer solchen Vertragsbeziehung :-)). Wenn jetzt die BVG „die schwarze Null“ verkündet, heißt das, dass sie mit den m.E. über 200 Mio. € Zuschuss aus dem Verkehrsvertrag, den Infrastrukturbeihilfen der Stadt und letztlich den Fahrgeldeinnahmen einfach mal „auf Null“ kommt.
In Hamburg läuft das m.E. ein wenig nachvollziehbarer: Die Hochbahn bekommt einen transparenten Verlustausgleich, der sich nach Abzug der Erlöse von den Kosten ergibt. Da gibt es keinen vorher genau festgelegten festen Betrag, der mit der Stadt fix vereinbart ist (höchstens Plan- und Erwartungswerte). Mit diesem Vorgehen geht das Ergebnis nach Verlustausgleich immer automatisch auf Null. Die Hochbahn hatte also schon immer eine „schwarze Null“ in der Bilanz und somit 100% Kostendeckung :-), während bei der BVG in den letzten Jahren die Erträge aus dem Verkehrsvertrag nicht ausreichten, um die Kosten zu decken und somit ein jährlicher Verlust produziert wurde, der über Schulden der AöR „finanziert“ wurde. Mit den jetzigen „Gewinnen“ soll diese Altlast langsam abgebaut werden.
Alles recht komplex, aber aus den veröffentlichten Geschäftsberichten ganz gut ablesbar.
Ein Punkt ist allerdings richtig: Den hohen Kostendeckunsgrad erreicht die Hochbahn tatsächlich nicht ausschließlich über ihre Kostenwirtschaftlichkeit und optimierte Prozesse, sondern über signifikant höhere Erlöse je Fahrgast im Branchenvergleich. Hätte man bspw. „nur“ die Münchener oder Berliner Erlöse je Fahrgast, dann sähe das Ergebnis der Hochbahn um einiges übler aus. Auch hier kann man ganz einfach die Verkehrserlöse aus dem Geschäftsbericht (2013) durch die beförderten Fahrgäste teilen: 387,187 Mio. € / 370,087 Mio. Fahrgäste = 104,6 Ct. je Fahrgast bei der Hochbahn. Dieser Wert liegt in allen mir bekannten Vergleichsunternehmen deutlich niedriger … Z.B. Berlin 2013: 705,993 Mio. € / 947,3 Mio. Fahrgäste = 74,5 Ct. je Fahrgast.
Dass „Kostendeckungsgrad“ nicht gleich „Kostendeckungsgrad“ ist, hatte ich schon vermutet. Die BVG erhält vermutlich aus dem Verkehrsvertrag einen gewissen Zuschuss der Stadt und rechnet den zu den „regulären“ Einnahmen. Was dann immer noch fehlt, schlägt sich im Zauberwort „Kostendeckungsgrad“ nieder.
Die S-Bahn Hamburg hat meines Wissens auch so einen Verkehrsvertrag, erhält also direkte Zuschüsse von der Stadt und käme nach der Rechnung vermutlich auf einen Kostendeckungsgrad von über 100 Prozent.
@Hochbahn: Könnte man das so stehen lassen? Dann hielte ich die Aussagekraft dieser „magischen“ Zahl allerdings auch für sehr beschränkt und überhaupt nicht sinnvoll vergleichbar.
„Effizienz“, das habe ich oben auch schon angesprochen, würde ich als Aufwand pro Leistung definieren: Wieviel Geld muss die HOCHBAHN aufwenden, um einen Personenkilometer zu leisten? Wie steht das im Vergleich zu anderen Verkehrsunternehmen?
Wo das Geld herkommt, ob vom Staat oder den Nutzern, ist für die wirtschaftliche Effizienz aus meiner Sicht völlig zweitrangig.
„Kostendeckung“ könnte man m.E. am ehesten über den Anteil der „Fahrgeldeinnahmen inkl. gesetzlichen Ausgleichsleistungen“ an den „betriebsnotwendigen Kosten des ÖPNV-Systems“ definieren. Dies ist aber nicht anhand der veröffentlichten Geschäftsberichte sicher möglich, da darin viele Bilanzspezialitäten enthalten sind. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Der Tunnel in Stadt A wird dem Verkehrsunternehmen von der Stadt kostenlos oder gegen geringes Entgelt zur Verfügung gestellt, in Stadt B trägt ihn das VU komplett selbst. VU A vermietet Busse und verkauft Werkstattleistung an eigene Tochterunternehmen oder erbringt Leistungen für den Verbund und zahlt diese wieder über die Verbundumlage zurück (dürfte beides auf die Hochbahn in Teilen zutreffen); in der Bilanz sind also sowohl die primären Kosten der Leistungserstellung, die Fremdleistungskosten (Einkauf von Fahrleistungen bei der Tochter, Verbundumlage etc.) als auch im Gegenzug die Erlöse (Erlöse aus Fahrzeugvermietung, Erlöse für Verbundserviceleistungen) enthalten. Das ganze ist somit eine reine „Bilanzverlängerung“ und damit ein Nullsummenspiel. Trotzdem sinkt der Anteil der Fahrgeldeinnahmen an den Kosten, weil diese durch die beschriebenen internen Verrechnungen künstlich hoch getrieben wurden (bei dem 21% Anteil der Hochbahn für Einnahmen neben dem Fahrgeld spricht m.E. einiges für diesen Effekt). Dann kommt noch die Struktur des jeweiligen „Konzerns Stadt“ dazu: Verteilt man Aktienpakete von gewinnbringenden Energieversorgern auf das Verkehrsunternehmen, legt man es mit anderen gewinn- oder verlustbringenden Geschäften zusammen, werden die Immobilien mit ihren Erträgen beim Unternehmen gelassen oder am Markt veräußert oder, oder, oder … Hier sind der Bilanzphantasie keine Grenzen gesetzt, so dass man es m.E. so stehen lassen kann: Die veröffentlichten Kostendeckungsgrade sind nicht direkt vergleichbar und man sollte zurückhaltend mit ihnen operieren.
Nochmal zur Wirtschaftlichkeit der Hochbahn:
Ja, die Hochbahn ist im Ergebnis ein sehr wirtschaftliches Unternehmen. Die Frage ist nur, über welche Wege man die Gesamtwirtschaftlichkeit erreicht und hier muss man der Ehrlichkeit halber sagen, dass erhebliche Anteile der Gesamtwirtschaftlichkeit über eine Erlösoptimierung beim Fahrgast gebracht werden (siehe obige Vergleiche zu den Erlösen je Fahrgast). Das entscheidende im Vergleich zu anderen Städten/VU sind jedoch tatsächlich die Kostenwirtschaftlichkeit der Prozesse und die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsangebots. Auch hier ist die Hochbahn sicherlich in Sachen Kostenwirtschaftlichkeit sehr gut unterwegs. Das geplante Verkehrsangebot wird effizient, innovativ und wirtschaftlich abgewickelt. Jetzt das große Aber: M.E. ist es um die Effizienz des Verkehrsangebots selbst in HH schlecht bestellt. Auch das ist nicht direkte „Schuld“ der Hochbahn sondern „Schuld“ der durch die Politik gesetzten Rahmenbedingungen, die zu einem sehr großen Busanteil in der Hamburger Verkehrsleistung führen. Auch hoch belastete Streckenabschnitte müssen mit einer Personal- und Fahrzeugschlacht bedient werden, statt hier auf die Bahn – vorzugsweise an der Oberfläche – zu setzen. Schön deutlich wird das in der Tatsache, dass z.B. im Mittel jeder Münchener Fahrer mit rund 52 Fahrgästen 60% mehr Fahrgäste im Fahrzeug/Zug hat als sein Hamburger Kollege mit knapp 32 Fahrgästen (erbrachte Personen-km / Fahrzeug-/Zug-km). Diese geringere Angebotseffizienz ist eben mit einem hohen Personalaufwand verbunden (Hochbahn ist nach Personal zweitgrößtes Verkehrsunternehmen in D, befördert aber wesentlich weniger Fahrgäste als z.B. die MVG München). Dieser Mehraufwand wird passenderweise durch die hohen Fahrgeldeinnahmen in Hamburg sehr gut kompensiert.
Insgesamt ist hier also die Politik gefragt, die Rahmenbedingungen in HH sinnvoll anzupassen. Hierzu erhoffe ich mir von der Hochbahn manchmal etwas mehr Impulse und auch mal eine deutliche, fachlich untersetzte Gegenmeinung Richtung Rathaus. Aber das ist ein anderes Thema …
Zur hier gerade laufenden Diskussion: Für eine Minderheit ist dies sicher ein spannendes Thema … Aber Wehrtore sind ja auch eher etwas für Freaks ;-). So kommt jeder zu seinem Recht :-). Danke an den Hochbahnblog für diese Möglichkeit und die konstruktive Grundstimmung.
Ich tue mich irgendwie echt schwer mit dem Begriff „Effizienz“… Die Kosten pro Personenkilometer kann man ja leicht ausrechnen, auch im nationalen Vergleich sicherlich. Mir fehlt dann aber immer noch die Qualität des angebotenen ÖPNV bei dieser Betrachtung. Klar, alles kann sicherlich irgendwie günstiger sein (ist das nicht bei allem so?). Erfahrungsgemäß ist es doch aber so, dass dann eben auch die Qualität des Angebots sinkt. Ich finde, wir haben in Hamburg in den Fahrzeugen der HOCHBAHN einen sehr hohen Qualitätsstandard. Und in Hamburg verdient auch ein Busfahrer/eine Busfahrerin mehr als im Schwarzwald, weil hier die Lebenshaltungskosten höher sind.
Natürlich darf man einen Betrieb nicht nur unter dem Gesichtspunkt „Kosten“ betrachten.
Der Kostenaufwand pro Kilometer wäre aber aus meiner Sicht viel besser geeignet zum Wirtschaftlichkeitsvergleich als der immer wieder von Hochbahn-Seite angeführte „Kostendeckungsgrad“.
„Wirtschaftlichkeit“ heißt beim Kostendeckungsgrad in erster Linie: wirtschaftlich für die Stadtkasse. Das ist aber nirgendwo das erste Ziel eines städtischen Verkehrsbetriebes. Keine Kommune leistet sich eine BVG, Hochbahn, MVG, Wiener Linien, weil sie damit möglichst viel Gewinn oder eben möglichst wenig Verlust machen will.
Stellen Sie sich mal vor, es gäbe keine Hochbahn in Hamburg und Sie wollten so einen Betrieb einrichten. Würden Sie ernsthaft in die Bürgerschaft gehen und sagen: Sehr geehrte Abgeordnete, wir brauchen die Hochbahn, um Zuschüsse loszuwerden – davon aber mögichst wenig. Nein, oder?
Es gibt denke ich viele andere Gründe, sich eine starke Hochbahn zu, ja: leisten. Umweltgründe, soziale Gründe, städtebauliche Gründe. Wirtschaftlich effizient ist ein Verkehrsbetrieb, wenn er solche Ziele mit möglichst wenig Geld erreicht. Das bezieht die Qualität der Leistungen mit ein, die ebenso Ziel sein können.
@Gängrich, Gehälter bilden sich durch Angebot und Nachfrage der Arbeitnehmer, die den Job ausführen können. Sie richten sich nicht nach den Lebenshaltungskosten.
Sobald hier jemand unangenehme Fragen stellt oder mit ein klein wenig Fachwissen aufwarten kann, ist man bei der Hochbahn offenbar überfordert und man wartet vergeblich auf Antwort.
Die Effizienz hängt natürlich auch davon ab, mit welchem Betrieb ich wie viele Fahrgäste befördere. Bei der Hochbahn befördert man mehr Fahrgäste mit Bussen, als mit der U-Bahn. Da man in HH eigentlich nur 3 U-Bahnlinien (Die U4 fährt nur als Verstärker zur U2 und endet in der Wüste) hat, verwundert es nicht, dass mehr Geld/Fahrgast gebraucht wird, als in „normalen“ Großstädten. In „normalen“ Großstädten befördert man auch nicht 60.000 Menschen mit dröhnenden, überhitzen und anfälligen Doppelgelenk“bussen“. Alle 5Min ein Bus und das in jede Richtung. Macht 12/Std also insgesamt 24 Busse und die entsprechende Anzahl Fahrer. Also, effizient ist DAS mit Sicherheit nicht. Das gilt übrigens auch für Linien wie die M3,M4,M20,M25 usw, usw. Ich will ja nicht wieder das Thema Stadtbahn ansprechen, aber bis zur Fertigstellung der U5, wird die Hochbahn noch mehr Probleme bekommen, als ihr lieb sein wird…vielleicht schaffen sie es auch bis dahin, die Fahrgäste noch ein wenig mehr zu vergraueln, damit die Fahrgastzahlen nicht weiter steigen und der Betrieb nicht zusammenbricht…
Ich bin jetzt doch ein wenig überrascht. Unangenehme Fragen und Fachwissen sind hier sowas von erwünscht. Wir beide haben doch vor einiger Zeit Argumente zum Thema Fahrkartenprüfer und Kontrollen ausgetauscht . Dabei geht es doch aber nicht darum, dass ich Sie auf Teufel komm raus von meiner Meinung überzeugen will. Der Austausch und die kritische Auseinandersetzung sind es dagegen. Da akzeptieren wir auch, dass Sie eine andere Meinung haben als wir.
Zum Thema Effizienz folgendes: Die U4 verstärkt zwar auf einem großen Teil ihrer Strecke die U2, aber das war dringend nötig. Die Strecke ab Jungfernstieg erschließt einen komplett neuen Stadtteil. Es macht Sinn, dort die Infrastruktur zu bauen, bevor an der Oberfläche Büros und Wohnhäuser entstehen.
Wir wünschen uns schon seit Jahren einen Ausbau des U-Bahn-Netzes, denn Sie haben Recht, einige Buslinien stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. Deswegen optimieren wir derzeit ja auch unsere Bussystem. Letztlich sind wir da aber eben auch abhängig von der politischen Entscheidung. Nun steht ja der Kurs in Richtung U-Bahn und meine Kollegen sind mit Hochdruck am Planen. Eine Stadtbahn wäre übrigens auch nicht schneller realisiert, als eine U-Bahn. Jedes Schienengebundene System braucht in etwa 10 Jahre von den ersten Überlegungen bis zum Bau.
Zum Thema Realisierungszeitraum neuer Verkehrsmittel verweise ich mal auf eine Hochbahn-Pressepräsentation vom 2. November 2010. Hierin war der Zeitplan für den ersten Bauabschnitt der Straßenbahn enthalten: Demnach hätten wir seit Ende 2014 den ersten Abschnitt fertig und könnten uns jetzt schon täglich daran erfreuen. Die Umsetzung für die nächsten Abschnitte wurde seinerzeit parallel bereits angegangen und der nächste Bauabschnitt wäre jetzt im Bau.
Zur Historie: Der Ursprung der letzten Straßenbahnplanung lag im Beginn der schwarz-grünen Koalition in 2008. Hier wurde vereinbart, eine Straßenbahn zu bauen. Ende 2010/Anfang 2011 lief bereits das Planfeststellungsverfahren als wesentliche Grundlage. Dies wurde in der Bürgerschaft mit den Stimmen der SPD nahezu einstimmig beschlossen. Dann kam die Basta-Ansage von Bürgermeister Scholz. Und was haben wir jetzt? S4 in weiter Ferne, U-Bahn im Bereich der Machbarkeitsstudie, etwas optimierter Bus (hat man andernorts schon Jahre zuvor begonnen, hier holt HH nur etwas auf) und immer noch keine Aussicht, endlich mal tangentiale Verbindungen (ohne über den Hbf gurken zu müssen) in Größenordnungen auch im ÖPNV zu etablieren. Damals wurde eine Planung in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium versenkt ohne zeitnahe Alternative. So weit wie damals sind wir bei den aktuellen Schienenplanungen noch nicht annähernd und das fast 5 Jahre später. Aber ich weiß, die Hochbahn macht, was ihr aus dem Rathaus vorgegeben wird und kann die Politik nicht beeinflussen …
Zusammenfassung: In 6 Jahren kann man ein anspruchsvolles Projekt bei der Straßenbahn problemlos hinbekommen. Bei U-Bahnstrecken ist der reine Bauzeitraum sowie die Planungsphase im Allgemeinen erheblich länger. Hoffentlich ist nicht die Berliner U5 Vorbote für die Umsetzungsdauer in HH.
Die Planungen für die Stadtbahn sahen damals inkl. Vorlauf für den ersten Abschnitt (inkl. Bauphase) rund 6 bis 7 Jahre vor. Allerdings waren schon damals die Widerstände gegen die Baumaßnahme sehr stark. Diese Widerstände würden künftig eher noch zunehmen (s. Busbeschleunigung), sodass wir insgesamt knapp 10 Jahre ansetzen müssten. Wie dem auch sei: Die Stadtbahn wird nicht gebaut. Und für die U-Bahn: Als Planungs- und Genehmigungszeitraum bis Baubeginn kommen wir jetzt ja auch mit 4 – 5 Jahren aus (z.B. Horner Geest Planungsbeginn 2015 – Baubeginn könnte 2019 sein). U-Bahn-Planung dauert somit also etwas länger. Beim Bau ist es tatsächlich so, dass das länger dauert, als bei einer Straßenbahn, allerdings mit meist geringeren langfristigen Eingriffen in die Oberfläche.
Der User „Weißfahrer“ hatte einige stimmige Schlüsse gezogen zum Thema Effizienz. Der Deckungsgrad von 90% ist nicht auch gleich ein Nachweis für effizientes Arbeiten. Zurecht hat er angesprochen, dass man in (z.B.) Berlin ebenfalls 90% erreicht und dabei deutlich günstigere Preise hat. Der Verkehrsvertrag-den es übrigens selbstverständlich auch in HH gibt-hat damit in der Tat nichts zu tun. Die Frage die damit verbunden war (was kostet in HH eine Fahrgastbeförderung?) im Gegensatz zu Berlin steht noch immer im Raum. Wäre ja ein einfaches Rechenexempel.
Es kommt aber noch besser: Hamburg verursacht nicht nur höhere Kosten, sondern hat dabei noch den höheren Erlös/Fahrgast….irgendetwas passt da also nicht so ganz zusammen.
Naja, der hohe Kostendeckungsgrad zeigt aber, dass die HOCHBAHN ein hochwirtschaftliches Unternehmen ist. Im deutschlandweiten Vergleich liegen wir damit übrigens weit vorn. Der Durchschnitt im VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) lag letztes Jahr bei 77%, das sind also ganze 13 Prozentpunkte weniger und damit mehr Zuschussbedarfe durch die öffentliche Hand.
Mit dem Verkehrsvertrag sprechen Sie einen wichtigen Punkt an, diesen haben wir nämlich nicht, sondern die S-Bahn. Und das unterscheidet uns auch von Berlin.
Zur Effizienz: Das Defizit pro Fahrt/Fahrgast haben wir in den letzten Jahren von 18 auf 12 Cent gesenkt.
Wir können hier keine Aussage zu den Berlinern machen. Die Kosten pro Fahrgast lassen sich leicht ausrechnen (Gesamtkosten durch 438 Mio. Euro), das ist aber m.E.n. auch keine Effizienzgröße, denn die Qualität ist mit entscheidend für das Angebot. Und das ist in Hamburg nun wirklich sehr gut.
Ein spannendes Thema!
Mich würde allerdings noch interessieren, was hinter den 7.5% „Sonstiges“ steckt. Das entspricht ja fast den 10% Fehlbetrag. 😉
Dahinter verbergen sich z.B. Verwaltungskosten, Selbstbehalt bei Versicherungsleistungen, Versicherungsbeiträge etc.
Laut Eurer Pressemeldung zum neuen Vorstand kommt die BVG auf etwa „90,2 Prozent“ Kostendeckung. Das ist sogar mehr als die Hochbahn letztes Jahr erreicht hat.
Ein wesentlicher Punkt sind ja die Preise, die die Fahrgäste zahlen müssen. Logisch: wenn ich mehr Einnahmen von den Kunden habe, dann brauche ich weniger Geld vom Eigentümer. (Umgedreht entziehe ich damit als Stadt den Fahrgästen Kaufkraft und mache den ÖV unattraktiver.)
Jetzt sind die BVG-Preise signifikant niedriger als die der Hochbahn. Das Abo ist beispielsweise rund 26 % billiger (Abo Berlin AB bzw. Großbereich HH).
Das heißt doch eigentlich, dass die Hochbahn zwar einen sehr hohen Teil ihrer Kosten von den Kunden einziehen kann – aber nicht unbedingt zu den effizientesten Unternehmen zählt, die pro Euro von Stadt UND Fahrgästen besonders viel Leistung bringt. Oder? Bitte um Aufklärung! 🙂
In Berlin gibt es einen sogenannten Verkehrsvertrag, aus dem zusätzlich zu den Fahrkarten Einnahmen kommen. Sowas gibt es hier in Hamburg bei uns nicht. Wenn Sie das ganz genau wissen wollen, müssten Sie sich bei den Kolleginnen schlau machen. Wir können nur für die HOCHBAHN sprechen und wir sind ein wirklich effizientes Unternehmen.
Gut, dann scheint jeder Betrieb ja den Kostendeckungsgrad anders zu definieren. Aus dem Verkehrsvertrag kommt ja auch Geld von der Stadt, die Eigentümerin der BVG ist – bei der Hochbahn kommt der Zuschuss meines Wissens über die Verlustübernahme. Wie man das Kind tauft, scheint mir erst in zweiter Linie relevant.
„Wir können nur für die HOCHBAHN sprechen und wir sind ein wirklich effizientes Unternehmen.“
Das glaube ich Ihnen. Ich frage mich hier allerdings, warum der Kostendeckungsgrad in Ihren Pressemitteilungen so oft mit Effizienz gleich gestellt wird.
Interessanter wäre aus meiner Sicht, Effizienz mit „Kosten pro Leistung“ zu bemessen: Wie viel Euro brauchte die Hochbahn, um einen Hamburger einen Kilometer weit zu transportieren?
Ein Auto ist schließlich auch effizienter, je weniger Sprit (= Geld) es pro Kilometer braucht.
Interessanter Beitrag!
Wobei ich mir noch folgende Frage stelle:
„Wieviel kostet es mehr oder weniger wenn der jetzige Busbetrieb –
dort wo es notwendig ist und wäre – auf U-Bahnbetrieb
(bspw. Erweiterung der U4, neue U5 etc.) umgestellt werden könnte bzw. würde?“
So einfach gegenüberstellen können wir Bus und U-Bahn leider nicht. Ob sich eine U-Bahn als Ersatz für eine Buslinie lohnt, hängt von mehreren Faktoren ab, nicht nur vom Preis.
Erst einmal kostet ja nicht nur der Fahrer/die Fahrerin und das Fahrzeug Geld. Dazu kommt die nötige Infrastruktur, deren Bau, Erhalt und Überwachung, um nur einige Posten zu nennen.
Wenn wir uns als Beispiel mal den Ausbau des U-Bahn-Netzes angucken, richtet sich die Wahl des Linienverlaufes dann nach verkehrlichen Beziehungen und Erschließungswirkungen, also streng genommen danach, wie viele Leute wohl mit der U-Bahn fahren werden bzw. vom Bus auf die U-Bahn umsteigen würden. Denn lohnen muss sich das Ganze, ein Kilometer U-Bahn kostet nämlich zwischen 80 und 120 Mio. Euro.