Vielleicht hat der eine oder die andere von euch die SWR-Dokumentation „Verschollen“ gesehen, die derzeit die Herstellung und Verwendung von „grünem Stahl“ kritisch beleuchtet. In der Doku geht es um Aufforstungsprojekte eines Stahlherstellers in Brasilien, die in der Kritik stehen, dass sie einerseits als CO₂-Kompensationsmaßnahmen zertifiziert und anerkannt werden, während gleichzeitig genau diese aufgeforsteten Plantagen zur Bio-Kohle-Herstellung genutzt werden, um daraus dann Rohstoffe für die Stahl-Produktion zu gewinnen.
Auch der BUND Hamburg hat sich geäußert und kritisiert insbesondere den Umgang und die Kompensation mit CO₂-Zertifikaten. Der Vorwurf: CO₂-Zertifikate, die im Zuge der Produktion von „grünem Stahl“ vergeben werden, seien oft intransparent und anfällig für Missbrauch. Ein Projekt wie die U5 müsse sicherstellen, dass in seinem Namen kein Greenwashing erfolgt und Menschenrechts- sowie Umweltstandards im Zusammenhang mit den Stahl-Lieferketten für die U5 stets eingehalten werden.
Vorwürfe, die wir uns einmal genauer anschauen wollen.
Vorwurf 1: Die U5 nutzt grünen Stahl, deren Rohstoffe durch Bio-Kohle aus Eukalyptus-Plantagen gewonnen werden.
Was aus der Dokumentation nicht deutlich wird: Für den Bau der U5 setzen wir ausschließlich „grünen Stahl“ ein, der im Elektrolichtbogenverfahren hergestellt wird. Das bedeutet: Statt neuem Eisenerz werden alter Stahlschrott, ansonsten auch Deponieabfälle recycelt. Der Einsatz von Bio-Holzkohle aus Eukalyptusplantagen, wie in der Doku beschrieben, betrifft vorwiegend eine andere Produktionsroute – die sogenannte Hochofenroute. Diese kommt bei dem Stahl, den wir für die U5 nutzen, nicht zum Einsatz.
Vorwurf 2: Greenwashing durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten
Und was ist mit CO₂-Zertifikaten? Auch hier klare Worte: Wir kaufen keine Zertifikate durch Aufforstungsprojekte oder Ähnliches. Unsere CO₂-Reduktionsstrategie basiert auf echten Maßnahmen: nachhaltige Planung und der verpflichtende Einsatz CO₂–reduzierter Baumaterialen.
Was das konkret für die U5 bedeutet?
Bereits seit Herbst letzten Jahres (2024) verwenden wir auf dem ersten Bauabschnitt im Osten Hamburgs Bewehrungsstahl mit maximal 400 kg CO₂-äq/t – das ist ein Bruchteil der üblichen Emissionen. Den Stahl für die U5 bekommen die bauausführenden Firmen über einen Nachunternehmer (Fa. Sülzle) aus unterschiedlichen Stahlwerken in ganz Europa. Dass dieser Stahl „grün“ ist, wird – wie oben geschildert – durch die die Herstellung im Elektrolichtbogenverfahren mit hohem Recycling-Anteil sichergestellt. Der Hersteller Arcelor Mittal als Beispiel liefert nur einen geringen Anteil des bei der U5 verbauten Stahls (etwa 2 %). Jede dieser Stahl-Lieferungen für die U5 wird durch extern–geprüfte Umweltproduktdeklarationen, sogenannte EPDs (Environmental Product Declaration), nachgewiesen und in unsere jährliche CO₂-Bilanz aufgenommen.
Uns allen ist klar, dass der Bau der U5 erhebliche Treibhausgasemissionen verursacht. Genau deshalb haben wir uns das klare Ziel gesetzt: 70 % weniger CO₂-Emissionen beim Bau der U5 – und das ohne Kompensation durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten. Dieses Ziel erreichen wir ausschließlich durch unsere CO2-Reduktionsstrategie.
Seit 2017 ist die HOCHBAHN außerdem aktives UN-Global Compact Mitglied. Das heißt auch, dass wir nach den dafür geltenden zehn Prinzipien handeln und auch in unseren Lieferketten Verantwortung gegenüber Menschen und Umwelt übernehmen. Denn nachhaltiger Stahl bedeutet für uns nicht nur weniger CO₂, sondern eben auch Verantwortung für Umwelt, für Menschenrechte und für faire Standards. Auch wenn die in der Dokumentation erhobenen Vorwürfe gegen uns entkräftet werden, nimmt unser Team aus Nachhaltigkeitsexpertinnen und -experten der U5 und HOCHBAHN die Hinweise über Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen in Brasilien sehr ernst und geht dem sorgfältig nach.
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