165 Jahre Alsterschifffahrt: Eine Erfolgsgeschichte mit Hindernissen

Hamburg ist vom Wasser geprägt, seit jeher waren auf der Elbe, Bille und Alster Schiffe unterwegs. Nicht erst seit der Hansezeit fuhren auf der Elbe die großen Pötte, während die Bille und Alster von kleinen Kähnen zum Warentransport befahren wurden. Eine Flotte sticht jedoch heraus: Die Alsterschiffe. Mit ihren Verbindungen war die Flotte lange eine wesentliche Säule des innerstädtischen Personennahverkehrs. Vor 165 Jahren legten die ersten Alsterdampfer ab! 

Hamburg wächst 

Zwar gab es erste Personenfahrten mit Ruderbooten aus schwerem Eichenholz schon im 16. Jahrhundert. Aber die mit Bänken und Tischen ausgestatteten sogenannten Alsterschüten bugsierten zahlungskräftige Passagiere nur zu Vergnügungsfahrten über die Alster. Doch das hatten mit einem verlässlichen Schiffsverkehr wenig zu tun. Der wurde allerdings notwendig, als Hamburg ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs, neue Wohnquartiere in den Vororten entstanden und sich dort auch wichtige Industrie- und Gewerbebetriebe ansiedelten. So etwa Barmbek: Hier siedelten sich beispielsweise 1871 die Hamburg-New Yorker Gummiwaren-Companie (heute das Museum der Arbeit) an der Maurienstraße oder 1875 die metallverarbeitende Kranfabrik Kampnagel an. Zugleich wuchs die Bevölkerung ab 1880 binnen 30 Jahren von 16.000 Menschen auf 93.000 an. Im Jahre 1937 waren es bereits 186.000. 

Ein Leck und viel Frust erste Versuche des Personentransports 

Vor diesem Hintergrund bot es sich an, auch über Personentransporte auf der Alster nachzudenken. Als erster tat dies der auf der Uhlenhorst wohnende Versicherungsmakler G. A. Droege. Er beantragte eine entsprechende Lizenz, welche die Stadtverwaltung am 9. Mai 1856 erteilte. Droege erstand den Raddampfer „Stadt Mühlheim“ und ließ ihn über den Rhein und die Nordsee nach Hamburg überführen. Das Problem dabei: Die Mannschaft hatte während der Überfahrt salziges Nordseewasser für die Dampfmaschine benutzt, was den Kessel erheblich beschädigte. Kaum in Hamburg angekommen, schlug der Dampfer dann auch noch Leck und sank. Von dem Rückschlag ließ sich Droege nicht aufhalten und unternahm mit dem 1857 gekauften Raddampfer „Helene“ einen neuen Versuch. Allerdings schlug das 34 Meter lange Schiff so hohe Wellen, dass die Uferbefestigungen Schaden nahmen – und Droege schließlich doch aufgab. 

Ein Alsterdampfer nach zum Ende der 1940er Jahre am Anleger.

Alsterdampfer am Jungfernstieg um 1890

 

Endlich: Die Geburtsstunde der Weißen Flotte 

Johann Peter Parrau, ein Hamburger Schiffsmakler und daher direkt mit der Materie vertraut, hatte diese Schwierigkeiten sicherlich im Kopf, als er seinen Dampfer in Dienst stellte, um das Potenzial von Personentransporten auf der Alster zu erschließen. Denn das Schiff war mit nur 13 Metern wesentlich kürzer als Droeges „Helene“ und verfügte außerdem über einen Schraubenantrieb, der deutlich weniger Wellengang verursachte. Am 14. Juni 1859 legte der Dampfer „Aline“ erstmals ab und der Anfang einer Erfolgsgeschichte war gemacht. Im Folgejahr waren bereits vier Alsterdampfer unterwegs und 1890 fuhren pro Stunde 18 Schiffe vom Anleger am Jungfernstieg ab. Von dort steuerten die beheizten Dampfer mit etwa 8 Knoten Höchstgeschwindigkeit (etwa 15 km/h) auf verschiedenen Linien eine Vielzahl von Anlegestellen an und spannten so ein dichtes Verkehrsnetz auf der Alster. Die Flotte, die täglich zwischen 4 Uhr morgens und 1 Uhr nachts verkehrte, nutzte nun auch einige der neu geschaffenen Kanäle, die zur Versorgung der Industrie angelegt worden waren. Dadurch konnten mehr Linien und schnellere Verbindungen angeboten werden.  

Entsprechend attraktiv waren die Alsterdampfer als Verkehrsmittel. 1911 umfasste die Weiße Flotte – seit 1901 waren alle Alsterdampfer einheitlich weiß gestrichen – 38 Schiffe auf sieben unterschiedlichen Linien und beförderte fast 11 Millionen Passagierinnen und Passagiere – ein bis heute ungeschlagener Rekord. 

Mit Inbetriebnahme der Ringlinie, Hamburgs erster U-Bahn 1912, und der Zweiglinien in den folgenden Jahren, hatte die Alsterschifffahrt allerdings ein Verkehrssystem an der Seite, das mit seiner Kapazität und Geschwindigkeit auch Rückwirkungen auf die Alsterschifffahrt hatte. 

Der Dampfer mit dem Namen "Falke" und im Hintergrund die Getrudenkirche.
Alsterdampfer Falke am Kuhmühlenteich mit der Gertrudenkirche um 1911

Alsterschifffahrt im Ersten Weltkrieg 

Im Ersten Weltkrieg und den Jahren danach führte der Kohlemangel dazu, dass die Alsterschifffahrt 1917 weitgehend eingestellt werden musste und lange nur mit einem reduzierten Fahrplan unterwegs war. Daran änderte auch die Übernahme durch die Hochbahn 1919 nichts. Erst nach dem Ende der Inflation 1924 lief der normale Betrieb wieder an. Allerdings mit nur 14 Schiffen, die aber immerhin alle generalüberholt waren. Um das Angebot über den Liniendienst hinaus zu erweitern, fuhren die Alsterschiffe erstmals im Mai 1926 Sonderfahrten bis nach Ohlsdorf an. Die Buchungszahlen waren gut und gaben der Idee Recht. Doch gleichzeitig schrumpften die Passagierzahlen auf den regulären Linien stetig. Auch um die Attraktivität des Verkehrsmittels zu stärken, wurde die Flotte ab 1935 modernisiert. Die schrittweise in Dienst genommenen zehn Schiffe der bek-Klasse waren die ersten Motorschiffe auf der Alster und taten für die nächsten Jahrzehnte zuverlässig ihren Dienst. 

Das Fährhaus an der Außenalster.
Blick auf das Uhlenhorster Fährhaus und die Außenalster um 1930.

Drittes Reich: Stillstand auf der Alster 

Während des Zweiten Weltkrieges kam die Alsterschifffahrt völlig zum Erliegen: Wegen Mangels an Personal, das zum Kriegsdienst einberufen wurde, und nicht zuletzt, weil die Binnenalster großflächig mit hölzernen Tarnaufbauten versehen wurde, um alliierten Bombern die Orientierung aus der Luft zu erschweren. Die Schiffe selbst wurden mit Tarnanstrichen versehen und, soweit es ging versteckt. Dennoch wurden einige beschädigt oder versenkt. 

Alsterschiff in Tarnanstrich

Ein Alsterdampfer in Tarnanstrich im September 1948 am Anleger JungfernstiegAb Sommer 1946 fuhren die ersten Alsterdampfer wieder, zunächst jedoch für die britischen Besatzungstruppen. Am 25. November 1946 lief dann der reguläre Liniendienst der nun wieder Weißen Flotte wieder an, was Bürgermeister Max Brauer als Symbol des Friedens deutete. Die Fahrgastzahlen pendelten sich bei 3,4 Millionen jährlich ein. 

Alsterschifffahrt heute: Die Geschichte geht weiter! 

Als die Linienschifffahrt auf der Alster in den 1970er ein immer größeres Defizit erwirtschaftete, gliederte die Hochbahn die Flotte am 27. April 1977 in die „ATG Alster-Touristik-GmbH“ aus. Nun standen touristische Fahrten wie Kanal- und Fleetfahrten, Dämmertörns, Vierlandefahrten und Schiffscharter im Fokus, während der Linienverkehr an Bedeutung verlor. Letztlich beschloss der Hamburger Senat am 7. Februar 1984, die Linienschifffahrt vollständig einzustellen. Die ATG übernahm 1987 dann alle Schiffe und Anlagen von der Hochbahn und konnten das Programm nun eigenständig gestalten, denn die weißen Alsterschiffe waren mit vielfältigen Vergnügungsfahrten inzwischen zu einem regelrechten Tourismusmagneten geworden. Um die Attraktivität zu steigern, wurde die „Goldbek“ zum Salonschiff umgebaut und in den 1990er Jahren mit den Flachschiffen „Schleusenwärter“, „Quarteerslüüd“ und „Alsterschipper“ erstmals Cabrios in die Flotte aufgenommen. Im Jahr 2000 wurde dann mit der „Alstersonne“ der damals weltgrößte solarbetriebene Katamaran in Dienst gestellt. Und mit dem Batterieschiff “Alsterwasser” und der “Eilbek”, die sich aktuell ebenfalls im Umbau befindet, nimmt die ATG weiter Kurs auf eine emissionsfreie Flotte!

Heute ist die Weiße Flotte nicht nur eine wichtige touristische Attraktion, mit der sich Hamburg vom Wasser aus erleben und erkunden lässt. Vielmehr sind die Alsterdampfer selbst zu einem Wahrzeichen Hamburgs geworden.

Foto des Alsterschiffs Ammerksbek

Lust bekommen, mal mitzuschippern? Schaut doch mal bei der Alster-Touristik vorbei!


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2 Kommentare zu: 165 Jahre Alsterschifffahrt: Eine Erfolgsgeschichte mit Hindernissen

  1. Es ist erfreulich, dass hier ein Beitrag über die Alsterpersonenschiffahrt erscheint, denn das Thema wird sonst eher vernachlässigt. Ich würde mich freuen, wenn die zumindest bei drei der Fotos unpassenden Bildunterschriften korrigiert bzw. den entsprechenden Fotos korrekt korrekt zugeornet würden:
    2. Foto auf der Seite – „Um 1890“ passt nicht
    3. Foto auf der Seite: hat nichts mit demUhlenhorster Fährhaus zu tun und die Zeitangabe „um 1930“ passt nicht
    5. Foto – „um 1948“ passt nicht und die beiden Alsterdampfer zeigen keine Tarnanstrich

    1. Hallo Fredrik! Du hast Recht, da sind uns tatsächlich einige Bilder durcheinander geraten. Ich habe das fix angepasst – danke für das aufmerksame Auge!

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