Brückenaustausch unter „rollendem Rad“ – Wie geht das denn!?

Einer der wichtigsten Knotenpunkte im Hamburger U-Bahn-Netz: von tausenden Fahrgästen tagtäglich zum Ein- und Aussteigen und zum Wechsel zwischen den Linien U1 und U3 genutzt. 1920 wurde die Haltestelle als Teil der “Walddörferbahn” eröffnet und 1963 als Doppelhaltestelle für die U1 und U3 ausgebaut. Wir sprechen von der uns heute bekannten U1/U3-Doppelhaltestelle Wandsbek-Gartenstadt. Über ihre vier U-Bahn-Brücken, die die Lesserstraße überspannen, fahren täglich bis zu 900 Züge. Zwei dieser Brücken sind über 100 Jahre alt, die beiden anderen mehr als 60 Jahre. Sie haben bei Wind und Wetter, tonnenschweren Zügen und einigen Anfahrschäden durch zu hohe Lkw standgehalten und einen wirklich guten Job geleistet. Nun werden sie verschrottet und durch neue Brücken ersetzt, da sie ihre Lebensdauer erreicht haben. 

Jetzt könnte die HOCHBAHN alle Brücken parallel ausheben und die neuen wieder einsetzen. Sie müsste dafür aber die U1 oder die U3 oder sogar beide U-Bahn-Linien hier für Monate komplett unterbrechen. Oder sie führt die Arbeiten unter dem „rollenden Rad“ durch, also im laufenden Betrieb, mit weiter fahrenden U-Bahnen für die Fahrgäste. An dieser Stelle fiel die klare Entscheidung: so wenig Sperrung wie möglich, auch wenn es dafür länger dauert.  

Ein echtes Mammutprojekt, bereits für unsere Planerinnen und Planer vor den eigentlichen Bauarbeiten. Aber wie schafft man es denn jetzt genau, Brücken im laufenden Betrieb auszutauschen?  

Die vier Brücken an der U-Bahn-Station Wandsbek-Gartenstadt

Versteckte Helden: 18 Weichen ermöglichen Bauarbeiten bei laufendem Betrieb 

Um zu verstehen, wie ein Brückenaustausch mit wenigen Ausnahmen im laufendem Betrieb stattfinden kann, müssen wir uns einmal die U1/U3-Doppelhaltestelle Wandsbek-Gartenstadt genauer anschauen. Die Station besteht mit ihren vier Brücken aus vier Gleisen: U1 und U3 jeweils stadtaus- und stadteinwärts. Außen liegen jeweils die Gleise für die U1 (Gleis 1 und 4) und innen die Gleise der U3 (Gleis 2 und 3). Die Anordnung ermöglicht übrigens erst das bahnsteiggleiche Umsteigen zwischen den beiden Linien in die jeweiligen Hauptrichtungen. Darüber hinaus verfügt die Station über insgesamt 18 Weichen – was für eine Haltestelle echt viel ist. Die Weichen ermöglichen ein Kehren von Zügen zurück in die entgegengesetzte Richtung (also ein Wenden) sowie ein Wechsel auf ein anderes Gleis. Sie sind damit unsere versteckten Helden während der Bauarbeiten an den Brücken.  

Der Plan: Erst die beiden Brücken der U3 ausheben und die neuen wieder einsetzen. In dieser Zeit wird der gesamte Verkehr über die beiden anderen Brücken abgewickelt, was wiederum einige Herausforderungen mit sich bringt. Aber noch mal zurück zu den Weichen: Sie sorgen dafür, dass bei ausgehobenen Brücken mit ihren Gleisen die Züge kehren sowie auf andere Gleise ausweichen können. Welche Brücken in welcher Reihenfolge also angepackt werden müssen, damit der U-Bahn-Betrieb auch größtenteils rollen kann, wurde sich ganz genau angeschaut. Ein echtes Ping-Pong-Spiel zwischen unseren Bauplaner*innen und U-Bahn-Betriebsplaner*innen, die gemeinsam das Großprojekt die letzten Monate geplant haben. 

Warum ein Pendelbetrieb im Januar und was heißt das eigentlich?  

Die Bauarbeiten zum Austausch der vier Brücken sollen bis Februar 2024 abgeschlossen sein. Das Ziel: möglichst wenig Einschränkungen im U-Bahn-Betrieb geben. Kurze Tages- und Wochenendsperrungen kann sich jeder bei Brückenaus- und -einhub sicherlich gut vorstellen, wenn mit großem Gerät diese riesigen Konstruktionen durch die Luft gehoben werden müssen. Zunächst aber wird es einen Pendelbetrieb auf der U1 geben. Die Brücke von Gleis 4 (U1 stadteinwärts) ist als erstes dran. Hier wird vom 20. bis 26. Januar eine Gleishilfsbrücke eingebaut. Diese stützt die Brücke, damit unter ihr am Widerlager gearbeitet werden kann. Widerlager sind die Betonteile, auf dem die Brücke liegt und gestützt wird.  

Die U1 kann also stadteinwärts während der Einbauarbeiten der Gleishilfsbrücke nicht dort weiterfahren. Die Haltestelle hat damit während des Einbaus nur noch eine von zwei U1-Gleisen zur Verfügung. Durch die vorhandenen Weichen auf dem U1-Gleis in der Station Wandsbek-Gartenstadt und den nächstgelegenen Weichen in der U1-Haltestelle Wandsbek Markt kann ein Pendelzug zwischen den beiden Stationen eingerichtet werden, da der Zug hier jeweils wieder zurückfahren kann. Eine Sperrung der U1 ist also nicht erforderlich. Da wir in Wandsbek-Gartenstadt jedoch nur ein U1-Gleis zum Kehren zur Verfügung haben, kann auch nur ein Zug eingesetzt werden, der zwischen den Stationen hin- und herpendelt. Andernfalls würden sich mehr Züge auf dem Streckenabschnitt gegenseitig blockieren.  

Der nun eingesetzte Pendelzug schafft einen zuverlässigen 15-Minuten-Takt zwischen den Stationen. Für die Fahrgäste heißt das dann zwar eine etwas längere Fahrt, aber diese ist definitiv komfortabler als ein Ersatzverkehr mit Bussen.  

Technische Zeichnung: Pendelbetrieb 20.01.23 – 27.01.23 

Zwei weitere Einschränkungen in der ersten Jahreshälfte 

Neben dem U1-Pendelbetrieb von 20. bis 26. Januar gibt es noch am 28. Januar eine U3-Tagessperrung zwischen den Haltestellen Wandsbek-Gartenstadt und Barmbek. Hier wird auf Gleis 3 (U3 stadteinwärts) ein Prellbock als zusätzliches Sicherheitselement verbaut, wenn hier die Brücke beim Aushub fehlt. Da Gleis 2 dicht an Gleis 3 (U3 stadtauswärts) liegt und zudem für einen Arbeitszug mit Bauteilen benötigt wird, muss dieses auch für die Arbeiten an dem Tag gesperrt werden. Sicherheit geht nämlich immer vor. Damit sind dann beide Gleisen der U3 nicht befahrbar und eine Sperrung der U3 an dem Tag unumgänglich. Dafür sind dann Busse für Fahrgäste unterwegs. 

Technische Zeichnung: Tagessperrung 28.01.23

Im Februar machen sich unsere Kolleginnen und Kollegen dann auch schon an die ersten Brückenaushübe. Beide Brücken der U3 (Gleis 2 und 3) werden vom 10. bis 12. Februar ausgehoben. Dann haben die Züge der U3 durch die Weichen zwar noch die Möglichkeit an der Station zu kehren und nach Barmbek zurückzufahren, da die beiden Gleise mit ihren Weichen nicht betroffen sind. Jedoch schweben die auszuhebenden Brücken über die zwei Gleise der U1. Hier fahren dann natürlich aus Sicherheitsgründen keine Züge zwischen den Haltestellen Farmsen und Wandsbek-Markt sondern Busse. 

Technische Zeichnung: Wochenendsperrung 10.02.23 – 12.02.23

Für die Einschränkungen in der zweiten Jahreshälfte wird noch an den letzten Stellschrauben gedreht und alle Details genau angeschaut. Sobald da alles fix ist, informieren wir euch wieder ausreichend vorher. 

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8 Kommentare zu: Brückenaustausch unter „rollendem Rad“ – Wie geht das denn!?

  1. Der Hinweistext auf den Schildern vor Ort sprechen von den U3 Brücken Voßkuhlen und Lesserstraße. Das ist nicht korrekt 🙂 dies zur Information für Sie. Ich wünsche einen schönen Abend!

  2. Die Hinweisschilder zu den Brücken Voßkuhlen und Stephanstraße geben an, es handle sich um U3 Brücken. Dies ist jedoch nicht korrekt 🙂

  3. Moin,
    vor Ort befinden sich an den Brücken Voßkuhlen und Lesserstraße die Hinweise, es handle sich um U3 Brücken. Das ist so denke ich nicht ganz korrekt 🙂

  4. Moin,

    da die Kommentarfunktion anfangs noch nicht „freigehäkchent“ war, erst jetzt:

    Ich wollte mich für diese großartigen Hintergrundinformationen ausdrücklich bedanken, insbesondere die grafischen Darstellungen zu den Betriebsabläufen bei den Sperrungen sind ein echter Gewinn.

    1. Vielen Dank für die wertschätzenden Worte, die ich gerne an Saskia, unsere neue Blog-Autorin weitergebe 😊

  5. Vielen Dank für die klaren Erläuterungen. Das ist sehr gute Transparenz! Ich bin schon gespannt, wann das Konzept für den zweiten Teil ab dem Sommer feststeht. Hier könnte es ja mit dem Pendelzug zwischen Wandsbek Markt und Wandsbek Wandsbek Gartenstadt etwas schwieriger werden, wenn in Gartenstadt Gleis 1 gesperrt ist und der Pendelzug ab Wandsbek Markt auch noch über Gleis 2 (wie der wendende Zug aus der Innenstadt) fahren muss.

  6. Spannender Beitrag! Insbesondere durch die Gleispläne und die markierten Sperrungen wird „greifbar“, wie die Planung um die Sanierung der Brücken herum funktioniert!
    Gerne mehr davon!

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