Es verändert sich was auf Hamburgs Straßen: Gerade erst hat die HOCHBAHN ihren ersten Betriebshof für autonome HOCHBAHN-Fahrzeuge, den sogenannten AD Hub (von “Autonomous Driving”, also autonomes Fahren), eröffnet. Ganz frisch ist auch die Zulassung der Fahrzeuge durch das Kraftfahrtbundesamt für den autonomen Testbetrieb. Damit ist der Weg frei, um die autonomen Fahrzeuge, die HOLON urban Shuttles, in ihr künftiges Betriebsgebiet und damit in den echten Hamburger Großstadtverkehr zu bringen. Es wird also ernst. Und es wird konkret: Bis zu 10 autonome Fahrzeuge sollen unterwegs sein, mit bis zu 60 km/h und im Laufe des nächsten Jahres dann auch mit den ersten Fahrgästen an Bord.
Ein mächtiger Schritt in Richtung autonom fahrende Busse, der bei vielen mit Vorfreude und Spannung erwartet wird. Gleichzeitig – so nehmen wir es als Social Media Team auf Instagram, Facebook, X und hier im Blog wahr – gibt es Sorgen: Sind die autonomen Fahrzeuge dem Straßenverkehr wirklich gewachsen? Reagieren sie zuverlässig auf Gefahrensituationen? Wie ist die Sicherheit garantiert, wenn keine Busfahrerin oder Busfahrer mehr an Bord ist? Und vieles mehr. Für diesen Beitrag habe ich mich einmal zu den drängendsten Fragen schlau gemacht.

1. Wie sicher sind die autonomen Fahrzeuge im Straßenverkehr?

Was wohl viele beruhigen wird: Die Aufgaben wurden und werden Schritt für Schritt und erst nach zahlreichen reibungslosen Testfahrten an das autonome Fahrzeug übergeben. In der jetzt anstehenden Testphase wird also immer ein Sicherheitsfahrer oder eine Sicherheitsfahrerin an Bord sein, der oder die die Fahrt begleitet und bei Bedarf jederzeit eingreifen kann. Salopp gesagt: Die Fahrzeuge müssen erst einmal in die Fahrschule.
Für den autonomen Betrieb selbst nutzen die HOLON urban den neusten Stand der Technik. Ein Self-Driving-System kombiniert dabei zwei verschiedene technische Systeme: 13 Kameras und 9 sogenannte Lidar- und 6 Radar-Sensoren sorgen für eine 360-Grad-Umfelderkennung. Das Fahrzeug hat also nicht nur seine Augen jederzeit überall (und welcher Verkehrsteilnehmende kann das eigentlich von sich behaupten?), sondern scannt quasi gleichzeitig mit zwei zusätzlichen „Sinnen“ seine Umgebung ab. So erkennt es neben dem normalen Verkehrsfluss auch Baustellen, querende Personen, unvermittelte Gegenstände auf der Fahrbahn, drängelnde Pkw, Feuerwehreinsätze und eben alles, was einem beim ganz normalen Wahnsinn auf Hamburgs Straßen so begegnen kann – und reagiert sofort, indem es frühzeitig bremst oder ausweicht.
Als zusätzliche menschliche Sicherheitskomponente wird es außerdem eine AD Leitstelle bei der HOCHBAHN geben. Als „gute Geister im Hintergrund“ haben die Kolleginnen und Kollegen die Fahrzeuge von hier aus im Blick, erhalten bei Auffälligkeiten einen Hinweis und können dem Fahrzeug wenn nötig den Befehl geben, z.B. sofort einen sicheren Halteort anzufahren.
Ihr merkt, denke ich: Hier wurde ein enges Netz aus verschiedenen Systemen entwickelt, um wirklich das Maximum an Sicherheit rauszuholen. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen: Wird der Verkehr durch autonom fahrende Fahrzeuge nicht sicherer? Wie ich darauf komme: Schon heute können bereits eingesetzte Abstandsregeltempomate die Zahl von Auffahrunfällen deutlich reduzieren. Daran sieht man, welche Potentiale in technischen Systemen stecken.
2. Wie streng hält sich das autonome Fahrzeug an die Verkehrsregeln?

Die autonomen HOLON urban Shuttles kennen die geltende StVO und halten sich streng daran – das war natürlich auch Voraussetzung für die Zulassung durch das Kraftfahrt-Bundesamt. So erkennt das Fahrzeug Zebrastreifen, stoppt zuverlässig für Fußgänger und Radfahrerinnen, erkennt und befolgt Ampeln (und auch etwa Handzeichen der Polizei, sollten sie mal ausfallen), Fahrbahnmarkierungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen – eben das volle Programm, das für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr nötig ist. Und anders als so manche Verkehrsteilnehmende, für die der Heimweg nach einem langen Tag manchmal gar nicht schnell genug gehen kann, bringen die autonomen Fahrzeuge dabei auch eine stoische Ruhe mit.
3. Was, wenn z.B. jemand Betrunkenes zusteigt und ich mich unsicher fühle?

Auch hier Entwarnung: In der jetzt anstehenden Testphase wird immer noch eine Sicherheitsfahrerin oder ein Sicherheitsfahrer anwesend und für Fahrgäste ansprechbar sein. Aber auch wenn die autonome Busse in Zukunft mal ohne Fahrpersonal unterwegs sind, könnt ihr euch sicher sein: Die Fahrzeuge müssen und werden die gleichen Sicherheitsstandards erfüllen wie heute schon unsere U-Bahnen und Busse. Ähnlich wie wir es z.B. aus der U-Bahn kennen (wo ja auch nicht dauerhaft in jedem Waggon Sicherheitspersonal anwesend ist), wird es etwa über Sicherheitsknöpfe die Möglichkeit geben, jederzeit das Team der AD Leitstelle zu kontaktieren. Und die wiederum können sich dann per Kamera und Lautsprecher zuschalten, die Situation deeskalieren, umgehend Unterstützung anfordern oder dem Fahrzeug den Befehl geben, sofort einen sicheren Halteort anzufahren. Dazu kommen Türen mit Notgriffen und weitere Notausgänge, um das Fahrzeug im Ernstfall zügig selbstständig verlassen zu können. Und dann gibt es noch die laufende Kameraaufzeichnung im Fahrzeug (auch die kennen wir ja bereits aus Bus und U-Bahn), die auch einen präventiven Effekt hat: Denn wer weiß, dass er oder sie gerade gefilmt wird, kommt meist gar nicht erst auf dumme Ideen.
Parallel entwickelt die HOCHBAHN das Sicherheitskonzept step by step weiter, auch unter Berücksichtigung des Feedbacks, das die ersten Fahrgäste 2026 im Testbetrieb geben werden. Auch eine frühzeitige Gefahrenerkennung mittels KI könnte eine weitere Möglichkeit sein: Damit könnte das System etwa herrenlose Koffer oder hektische Bewegungen, die auf eine körperliche Auseinandersetzung hindeuten, automatisch erkennen und direkt melden, sodass noch früher reagiert werden kann.
4. Kommen die autonomen Shuttles auch in Hamburgs Randbezirke?

In der jetzt anstehenden Testphase werden die autonomen Shuttles zunächst zwischen Schlump und Wandsbek bzw. Stadtpark und Elbe unterwegs sein. Das hat vor allem zwei Vorteile: Zum einen können die Fahrzeuge hier im anspruchsvollen und dichten Großstadtverkehr besonders viel lernen. Und zum anderen sind sie so natürlich gerade am Anfang für möglichst viele Personen sicht- und nutzbar. Für die vielen unterschiedlichen Menschen, die in der Innenstadt zum Arbeiten, Studieren oder in ihrer Freizeit zusammenkommen, genau wie für die Anwohnenden der hier oft dicht besiedelten Stadtteile. Langfristig ist die Idee aber, autonomes Fahren auch in die Randbezirke zu bringen.

5. Sind die autonomen Fahrzeuge barrierefrei?

Ziel ist, dass die HOLON urban Shuttles für alle barrierefrei nutzbar sind. Eine Mobilität, die niemanden ausschließt, hat eine elementare Bedeutung für die HOCHBAHN als öffentliches Verkehrsunternehmen – nicht nur bei U-Bahn, Bus und Fähre, sondern künftig eben auch bei den neuen autonomen Fahrzeugen. Dafür gibt es bei den HOLON urban Shuttles etwa automatische Rampen für den stufenlosen Einstieg. Dazu kommen akustische und visuelle Systeme, die die Fahrzeuge außerdem für Fahrgäste mit Seh- oder Höreinschränkung barrierefrei zugänglich machen. Im Testbetrieb sammelt die HOCHBAHN außerdem Erfahrungen und Feedback von betroffenen Fahrgästen und schaut so, an welchen Stellen sich die Barrierefreiheit weiter verbessern lässt.

6. Die werden doch direkt demoliert!

Hier möchte ich mal ein Wort der Zuversicht dalassen: Wir haben überall im Netz Dinge, bei denen nicht laufend ein Mensch daneben steht – Ticketautomaten, U-Bahn-Waggons, selbst im Bus kann das Fahrpersonal seine Augen nicht überall gleichzeitig haben. Gelegenheiten, etwas kaputt zu machen, gibt es also oft und quasi überall. In der Realität vorkommen tut es dennoch selten. Wir haben also guten Grund, bei unseren Mitmenschen erstmal vom Guten auszugehen und davon, dass sie auch mit den autonomen Shuttles anständig umgehen werden. Und wenn doch etwas passiert, gibt es ja überall Kameras, und die Aufzeichnungen werden dann zur Strafverfolgung genutzt.
Aber so oder so: Nur, weil es da draußen womöglich Leute gibt, die ein „wehrloses“ Fahrzeug attackieren könnten – sollen wir deshalb einen so wichtigen Schritt für Hamburgs Mobilitätswende nicht gehen? Das kann, finde ich, wohl kaum die Lösung sein.
7. Wird der Beruf des Busfahrers bzw. der Busfahrerin damit aussterben?
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Hier hilft es, sich einmal die Strategie hinter dem Projekt anzuschauen. Viele von euch wissen sicher, dass die HOCHBAHN gerade mit aller Kraft Hamburgs ÖPNV ausbaut, um möglichst viele Menschen vom Umstieg von privaten Pkw auf eine geteilte Mobilität zu bewegen, Stichwort Mobilitätswende. Ganz konkret soll in den nächsten 5 bis 10 Jahren ein Fahrgastwachstum von 30 % erreicht werden. Und dafür braucht es vor allem, klar, mehr Angebot.
Die Herausforderung: Im Zuge des demographischen Wandels geht in den nächsten Jahren auch mehr und mehr Fahrpersonal in den Ruhestand. Und ausreichend Nachwuchs zu gewinnen, der nicht nur für die so entstehenden offenen Stellen, sondern auch die geplante Angebotsausweitung ausreicht, ist auf dem heute angespannten und umkämpften Arbeitsmarkt nicht einfach. Und genau hier bietet autonomes Fahren eine riesige Chance, um die Ziele trotzdem zu erreichen. Aber: Auch in Zukunft wird die HOCHBAHN Busfahrerinnen und Busfahrer brauchen und stellt sie auch weiterhin ein (Wer sich selbst überzeugen will, kann übrigens gerne mal hier in die aktuellen Stellenausschreibungen schauen).
Vielleicht konnte ich euch hier an der ein oder anderen Stelle die Sorge vor den autonomen Shuttles nehmen, andere wollen vielleicht direkt mitfahren (dann einmal hier entlang für die Bewerbung als Testnutzer oder Testnutzerin) und wieder andere bleiben sicher auch weiterhin eher skeptisch. Alles ist meiner Meinung nach völlig okay, schließlich sprechen wir über eine Form der Mobilität, die für die allermeisten von uns absolut neu ist – und da ist es natürlich auch völlig in Ordnung, erstmal eine Weile von außen zu schauen, wie sich die autonomen Shuttles so machen. 😊
Aber wie steht ihr zu autonomen Fahrzeugen auf Hamburgs Straßen? Und habt ihr weitere Fragen, die euch dazu beschäftigen? Schreibt es mir wie immer in die Kommentare!
Auch interessant:
Hier könnt ihr euch den HOLON urban Shuttle genauer anschauen.