Prototyping bei der HOCHBAHN – zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Anfang Februar haben wir hier und auf Facebook und Twitter von unserer Idee der Platzampel  erzählt und nach eurer Meinung gefragt. Was gibt sie her, die Idee von der Platzampel, mit der ich an Haltestellen erkennen kann, wo im Zug noch ein Platz frei ist?
Nicht nur unsere Community hat heiß diskutiert, sondern auch die Hamburger Medien.
Was ist jetzt aber eigentlich daraus geworden? Bauen wir die Platzampel jetzt? Oder war das Ganze nur eine fixe Idee, um in den Zeitungen zu stehen?

Um das zu beantworten, fangen wir einmal ganz am Anfang an. Denn am Anfang standen eigentlich wir, wir Fahrgäste der HOCHBAHN.
Schließlich haben wir Bedürfnisse und Wünsche und verhalten uns als Fahrgäste auf ganz bestimmte Weise, wenn wir von A nach B unterwegs sind. Und genau das sind wichtige Informationen, wenn meine Kollegen neue Services entwickeln.
Ohne diese Infos tappen sie im Dunkeln, entwickeln im Zweifel sogar etwas am Fahrgast vorbei – unbefriedigend für beide Seiten. Der Kunde sollte also von Anfang an mit einbezogen werden.

Was auf den ersten Blick total logisch klingt, ist überhaupt nicht selbstverständlich. Denn bisher hat man als erstes eigentlich nur hier drauf geguckt: Geht das und was kostet das?
Ideen sind also recht schnell raus geflogen, wenn sie nicht umsetzbar schienen oder aber extrem teuer waren.
Bei der Platzampel machen wir es dieses Mal anders: mit dem für uns neuen Verfahren Prototyping.

Prototyping: Was ist das?

Prototyping ist eigentlich ganz einfach erklärt. Prototypen werden so lange schrittweise entwickelt, bewertet und verfeinert, bis ein erstes marktreifes Produkt entsteht.
Beim gesamten Entwicklungsprozess, der sich Design Thinking nennt, wird von Beginn an „radikal“ vom Kunden gedacht. In unserem Fall also: Welche Bedürfnisse und Wünsche haben Fahrgäste vor, während oder nach der Fahrt? Was macht ihre Fahrt mit uns noch besser, wo fehlt ihnen was? So wird ein Bedürfnis identifiziert, für das eine Lösung entwickelt werden soll. Bei der Platzampel z.B. das Bedürfnis nach Orientierung am Bahnsteig.
Das Besondere an diesem Prozess: der Nutzer ist in jedem einzelnen Entwicklungsschritt mit an Bord.
Prototypen helfen dann dabei, die entwickelte Idee zu veranschaulichen und innerhalb der festgelegten Zielgruppe zu testen. Im Fall der Platzampel ist das z.B. auch dieser Film, den wir bei der Abstimmung gezeigt haben.

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Es könnte aber auch ein echt installierter Prototyp an der Haltestelle sein. Wichtig ist, dass der Nutzer ein Gefühl dafür bekommt, wie die Idee später funktioniert und aussehen könnte – und sie so überhaupt erst bewerten kann.

Der Prototyp wird also direkt mit dem späteren Nutzer getestet. Das kann auch bedeuten, dass eine Idee direkt verworfen wird, wenn sie beim Nutzer durchfällt. Auch das ist ein brauchbares Ergebnis, denn dann sollten wir dafür auch nicht unnötig Geld ausgeben. Fällt eine Idee nicht sofort durch, wird sie so lange angepasst oder verändert, bis sie überzeugend ist. Und erst dann geht die Entwicklung weiter.

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Was heißt das jetzt aber konkret für die Platzampel?

Die Platzampel haben wir in einem ersten Schritt aus Sicht des Kunden unter dem Gesichtspunkt „Begehrlichkeit“ betrachtet. Das meint, vom Nutzer aus denken und schnell zu ersten Prototypen kommen, ohne bereits zu schauen, ob es technisch so realisiert werden kann und was uns diese Lösung kostet.
Dazu haben wir Nutzer ganz einfach befragt. Spannend dabei: unsere Experten hätten gedacht, dass das Ergebnis dieser Befragungen viel eindeutiger ist. War es aber nicht. Familien und ältere Fahrgäste fanden die Platzampel super, Pendler hingegen finden sie eher überflüssig. Dazu gab es noch viele zusätzliche Hinweise für die Wartezeit am Bahnsteig, die jetzt weiter ausgewertet werden. Es kann also sein, dass die Ursprungsidee der Platzampel nun in eine ganz andere Richtung weiterentwickelt wird als gedacht. Da wird dann auch mal um die Ecke gedacht, eine neue Idee kommt dazu, eine andere fällt weg.

Selbst wenn die Platzampel am Ende also nicht umgesetzt würde – aus dem bisherigen Feedback könnten neue Ideen entstehen. Das Wissen aus dem einen Projekt ist also in jedem Fall hilfreich.
Erst im nächsten Entwicklungsschritt geht es dann um die Herstellbarkeit der finalen Idee. Also darum, welche technischen Voraussetzungen nötig sind, um sie zu realisieren. Bietet der Markt schon passende Lösungen oder sogar Alternativen, die einen noch größeren Mehrwert bieten. Kurzum: Geht das und wie geht das? Und erst dann, ganz am Ende, wird die Wirtschaftlichkeit betrachtet. Wenn dann das Verhältnis von Nutzen und Kosten stimmt und die Zielgruppe die Idee bzw. das dann fast fertige Produkt überzeugend findet, dann erst fällt die Entscheidung zur Umsetzung. Und wer weiß? Am Ende steht dann vielleicht ein wirklich tolles Produkt für uns Fahrgäste.

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4 Kommentare zu: Prototyping bei der HOCHBAHN – zwischen Wunsch und Wirklichkeit

  1. Hallo,
    an welchen Kriterien ist das denn gescheitert? Ich hörte, dass es auch am Sensor lag. Da gäbe es eine Idee, die wir ja einmal besprechen können.
    Viele Grüße

    1. So attraktiv die Idee mit Blick auf die Befragung zunächst auch schien: In einem Test der Platzampel an der U Wandsbek Markt hat sich gezeigt, dass sie den gewünschten Effekt schlichtweg nicht erzielt – nur ein Bruchteil der Fahrgäste änderte tatsächlich ihre Einstiegsposition.

    1. Das kennen unsere Kollegen auch. Und genau jetzt im nächsten Entwicklungsschritt geht es z.B. auch darum zu schauen, was gibt der Markt schon her, was man ggf. auch adaptieren könnte. Dennoch sehen wir die Schritte davor, sich in den Kunden rein zu versetzen, seine Bedürfnisse zu ermitteln und darauf ein Produkt/einen Service zu entwickeln, als sehr wichtig und richtig an. Das schließt nicht aus, dass wir Umsetzungen anderer mit in unseren Entwicklung einfließen lassen.

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