Gibt es eigentlich auch Verkehrsregeln für die U-Bahn?

Jeder kennt es aus dem Straßenverkehr – Auto- und Busfahrer müssen viele Verkehrsregeln beachten. Diverse Schilder, Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen regeln den Verkehr und sorgen dafür, dass es auf den Straßen kein Chaos gibt. Als ich heute Morgen mit der U1 zu meinem Praktikum gefahren bin, habe ich mich gefragt, ob es eigentlich auch Verkehrsregeln für die U-Bahn und ihre Fahrerinnen und Fahrer gibt. Was bedeuten z.B. diese Zahlenschilder neben den Gleisen und wie schnell darf man mit einer U-Bahn überhaupt fahren? Um Antworten zu finden, habe ich mal in die Dienstanweisung im HOCHBAHN-Mitarbeiterportal geschaut und mich schlau gemacht.


Oberstes Gebot: Gesundheit und Sicherheit

Jeder Zug wird von einem ausgebildeten und streckenkundigen Zugfahrer besetzt. Im Fahrerstand ist er der „Herr über die U-Bahn“, bestimmt die Geschwindigkeit, öffnet und schließt die Türen und beobachtet den Bahnsteig und die Strecke aufmerksam. Während der Fahrt sind die Türen natürlich geschlossen. An den Haltestellen können sie von den Fahrgästen geöffnet werden, aber erst nachdem der Fahrer sie freigegeben hat.
Für alle U-Bahner gilt zudem: Die Gesundheit und Sicherheit der Fahrgäste hat oberste Priorität. Bei allem Zeitdruck sollen alle Fahrgäste immer freundlich, rücksichtsvoll und besonnen behandelt werden. Dazu zählt auch, dass jeder U-Bahner Verspätungen und zu frühes Fahren vermeiden soll. Bei  einem Unfall muss sich der Fahrer sofort bei der Betriebszentrale melden, weil diese dann direkt eingreifen kann. Das passiert übrigens auch bei einem Schaden am Zug. Dann kann die Leitstelle schnell einen Ersatz organisieren und den schadhaften Zug aus dem Verkehr ziehen.


Geschwindigkeiten

Ähnlich wie auf den Straßen ist die Geschwindigkeit, die eine U-Bahn fahren darf, genau geregelt. Unterschieden werden können die Streckenhöchstgeschwindigkeit, verminderte Geschwindigkeit und normale Fahrgeschwindigkeit.
Auf der U1 gilt eine Streckenhöchstgeschwindigkeit von 50 bis 80 km/h, auf der U2 und U4 sind es 80 km/h und auf der U3 zwischen 60 bis 70 km/h. Hier ist die Höchstgeschwindigkeit geringer, weil die über 100 Jahre alte Strecke viele enge Kurven hat, durch die die Züge nicht so schnell fahren können. Diese Höchstgeschwindigkeiten lernt jeder U-Bahn-Fahrer während seiner Ausbildung, sodass er genau weiß, wo er wie schnell fahren darf. Zusätzlich dazu gibt es zudem Langsamfahrsignale. Das sind die „Straßenschilder“ der U-Bahn, die man auch als Fahrgast manchmal im Tunnel sehen kann. Auf ihnen ist ein gelbes Dreieck und z.B. eine 3 oder 4 abgebildet. Dies bedeutet dann, dass die U-Bahn in diesem Abschnitt langsamer als gewöhnlich, nämlich nur 30 bzw. 40 km/h fahren darf.
In besonderen Fällen kann außerdem auch die Betriebszentrale eine verminderte Geschwindigkeit anordnen. Dabei unterscheidet man zwischen „Vorsichtsfahrt“ und „Schrittgeschwindigkeit“. Eine Vorsichtsfahrt wird immer dann angeordnet, wenn sich Personen oder Gegenstände im Gleis befinden. Dann fährt der Fahrer „auf Sicht“ und nur so schnell, dass er jederzeit bremsen und vor einem Hindernis zum Halten kommen kann.
Schrittgeschwindigkeit bedeutet dagegen eine Geschwindigkeit zwischen 5 und 7km/h. Bei besonderen Wetterbedingungen, wie z.B. einem Sturm, kann vom Betriebsleiter eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit von 40km/h angeordnet werden. Beim Einfahren in Haltestellen, aber auch bei Durchfahrten von Haltestellen ohne Halt, bei Rangierfahrten, bei Fahrten innerhalb der Betriebshöfe und Lagerhöfe, sowie bei Fahrten in Abstell- und Kehranlagen darf die Fahrgeschwindigkeit nicht mehr als 20 km/h betragen.


Beschilderungen/Signale

Was bedeuten denn aber die  kleinen Schilder mit einer 4, 6 oder 8 drauf, die man an jeder U-Bahnhaltestelle im Gleis sehen kann? Diese Schilder markieren ganz einfach den Haltepunkt der U-Bahn. Dieser wiederum ist abhängig von der Zuglänge. Ein Zug mit vier Wagen hält an der 4, ein Zug mit sechs Wagen an der 6 und ein Zug mit acht Wagen eben an der 8. An einigen Haltestellen sieht man ganz vorne nur ein „H“. Das heißt, dass alle Züge, egal wie viele Wagen sie haben, dort ganz vorne halten. Das ist vor allem an den Haltestellen praktisch, die nur einen Ausgang haben. Gleichzeitig markieren die Schilder aber auch die unterschiedlichen Bahnsteighöhen. Dadurch wird sichergestellt, dass ein Zug genau so hält, dass Fahrgäste, die barrierefrei eingestiegen sind,  auch barrierefrei aussteigen können.

Und wie im Straßenverkehr auch, gibt es auch bei der U-Bahn Ampeln, die hier allerdings Signale heißen. Diese gibt’s im ganzen U-Bahn-Netz. Manche davon können von der Betriebszentrale oder dem Stellwerk beeinflusst werden, andere funktionieren automatisch. Bei einem grünen Signal darf gefahren werden, rot bedeutet „Halt“ und bei einem gelben Signal darf die U-Bahn nur „auf Sicht“ weiterfahren.


Hannes 2Dieser Beitrag ist unser allererster Gastbeitrag – geschrieben hat ihn unser  Praktikant Hannes Peper.
Für zwei Wochen bekommt er während seines Schülerpraktikums einen Einblick in die Arbeit der Pressestelle der HOCHBAHN und somit auch in die redaktionelle Betreuung des HOCHBAHN-Blogs. Wir finden, das hat er wirklich super gemacht!  🙂

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2 Kommentare zu: Gibt es eigentlich auch Verkehrsregeln für die U-Bahn?

  1. Erlaubte Höchstgeschwindigkeiten der U-Bahn:

    U.a. fahren in Berlin alle U-Bahnzüge gemäß DVU (Dienstvorschrift U-Bahn) und somit auch lt. BO-Strab (Betriebsordnung Straßenbahn)

    Die im Beitrag erwähnten Höchstgeschwindigkeiten treffen u.a. für Berlin definitiv NICHT zu:

    U-Bahnkleinprofil: U1-U4: max. 60kmh zulässig!
    U-Bahngroßprofil: alle anderen Berliner U-Bahnlinien: max. 70kmh

    Bei allen Berliner U-Bahnzügen sind Geschwindigkeitsüberwachungen (u.a. Deuter) eingebaut, welche verhindern, daß der Zug schneller als 60kmh bzw. 70 kmh fährt. Lösen die Überwachungssysteme aus, ertönt eine Warnklingel bzw. Warnsignal und der Zug wird zwangsweise bis auf die zulässige Geschwindigkeit herunter gebremst.

    Nur grüne Hauptignale: HP1: Fahrt mit streckenzulässiger Höchstgeschwindigkeit 60kmh bzw. 70kmh. Ausnahme: wenn sog. G2A-Signale (kleine Tafel gelber Grund mit schwarzer Schrift) eine andere Geschwindigkeit vorschreiben.

    Ende der G2A-Geschwindigkeitsbeschränkungen mit G3-Signal (weiße Tafel mit schwarzem E)

    Eine durch HP2, bzw. HP3-Hauptsignale gegebene Geschwindigkeitsbeschränkung wird entweder durch ein nachfolgendes Hauptsignal, oder durch G4-Signal (weißer Grund mit schwarzer Zahl) aufgehoben.

    Gelbe Hauptsignale: NUR gelbe Signallichter = Signalbild HP4= Kehrsignal auf Kehr-bzw. Aufstellgleise welche teilweise besetzt sein können. Max. 25kmh zulässig.

    Die im Beitrag erwähnten „gelben Dreiecke“ mit einer schwarzen Zahl: G1A-Signale kündigen eine in 100m folgende Geschwindigkeitsbeschränkung an.

    Grünes Hauptsignal mit einem Gelblicht darunter= max. 40kmh
    Grünes Hauptsignal mit ZWEI Gelblichtern darunter= max. 25kmh

    Dringende Empfehlung sich peinlichst an die Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten: Diese Beschränkungen sind größtenteils mit sog. Gleismagneten überwacht, welche bei Geschwindigkeitsüberschreitungen des Zug VOLL zwangsbremsen (Auslösung Fahrsperre) und diese Zwangsbremsung im Stellwerk dokumentiert (ausgedruckt) wird.

    Sog. Rotlichtfahrten: hier darf unter GANZ STRENGEN Kriterien ein rotes Hauptsignal HP0 überfahren werden:

    . vorherige mündliche Zustimmung durch Stellwerk bzw. U-Bahnleitstelle bis zu einem definiertem Punkt. Diese Zustimmung ist wortgetreu zu wiederholen. Max. Geschwindigkeit 20kmh. Vor Hindernissen MUSS rechtzeitig gehalten werden können.

    . ZS1-Signal (3 weiße Lichter in Dreiecksform unter dem Rotlicht) Fahrt mit max. 20kmh unter Sicherstellung daß die Fahrstraße (Weiche) richtig anliegt, vor Hindernissen etc..rechtzeitig gehalten werden kann. Alle Bedingungen gelten bis zur Vorbeifahrt an folgenden 2. Fahrt zeigenden Hauptsignalen (HP1-HP3)

    bzw. auf der U5 bis zum in Sicht kommenden 3. aufeinander folgenden fahrtzeigenden Hauptsignal.

    . im Selbstblockbereich (kein Stellwerksbezirk) im eigenen Ermessen wobei desgleichen max. 20 kmh zulässig sind und vor Hindernissen rechtzeitig gestoppt werden kann. In jedem Fall ist ein rot zeigendes Hauptsignal im Selbstblockbereich als gestört zu melden.

    Hauptsignale im Stellwerksbereich sind durch einen roten auf der Spitze stehenden Längsbalken gekennzeichnet.

    Alles Vorstehende beruht auf eigener Praxiserfahrung als Zugfahrer der Berliner U-Bahn (BVG)

  2. Toll geschrieben – und ohne Schreib- und Grammatikfehler!

    Bis in die 80er Jahre waren die Türen während der Fahrt zu öffnen. Das war im Sommer angenehm, aber natürlich verboten. Auch konnte man früher gut abspringen, noch bevor der Zug stand. Das war allgemein üblich. Niemand wartete mit dem Türöffnen, bis der Zug stand. Das verkürzte auch die Haltestellenaufenthalte. Die Türfreigabe erfolgte automatisch schon kurz nach dem Schließen, nachdem der Zug gerade abgefahren war. Dabei unterschieden sich die einzelnen Wagentypen (DT 3 auch zwischen den Lieferserien!) stark im Zischgeräusch der entweichenden Druckluft. Heute hört man das nur noch nach dem Stillstand bei DT 2 und DT 3. Klingt aber anders, als früher.

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