Alltag für Busfahrer in Hamburg

Ja, bei über 100 Buslinien und täglich mehr als 14.000 Fahrten kommt auch mal ein Bus zu spät, zu früh, ist total voll oder muss aus dem Verkehr genommen werden, weil etwas kaputt gegangen ist. Da steht man dann als Fahrgast da – auch mal im Regen, in der Kälte oder in der glühenden Hitze und ärgert sich.
Aber was ist denn eigentlich mit demjenigen, über den wir uns in diesem Moment ärgern, den wir in unserem Ärger böse angeguckt oder sogar ausgeschimpft haben – dem Busfahrer?  
Was ist ihm wohl alles schon passiert und worüber musste er sich auf seiner Fahrt schon ärgern, bevor ich überhaupt in den Bus gestiegen bin?
Zugegeben, daran denke ich in diesem Moment gar nicht und dass, obwohl ich selbst in Hamburgs Verkehr schon schier verzweifelt bin und weiß, wie chaotisch es auf den Straßen zugehen kann.


Herausforderungen für den Bus

Der ganz normale Verkehr

Jeder Autofahrer weiß, dass das Fahren in Hamburg mitunter eine Herausforderung sein kann. Raser, Langsamfahrer, Ortsfremde und überhaupt die Vielzahl an verschiedenen Verkehrsteilnehmern erfordern 100% Aufmerksamkeit. Weil heutzutage irgendwie jeder wenig Zeit hat, entlädt sich so manch sonderbares Verkehrsverhalten auf der Straße. Da ist Wachsamkeit das oberste Gebot.

Falschparker und Lieferverkehr

Sind dann ein Ärgernis, wenn sie unsere Haltestellen blockieren. Dann heißt es entweder, dass der Bus warten muss oder dass alle Fahrgäste umständlich und viel unsicherer jenseits der Haltestelle aussteigen müssen. Auch auf der Strecke an sich kann es hierdurch zu besonderen Manövern kommen. Nämlich immer dann, wenn der Bus durch Falschparker umständlich auf der Gegenfahrbahn überholen muss.

Umleitungen

Baustellen, ein Wasserrohrbruch, Feuerwehreinsätze und Bombenentschärfungen oder auch Demonstrationen führen dazu, dass bestimmte Buslinien von Zeit zu Zeit umgeleitet werden müssen. Hierdurch verlängert sich meist auch der Fahrweg und mit ihm die Fahrzeit. Und außerdem muss man den neuen Verlauf und die Ersatzhaltestellen auch erst mal kennen.

Unfälle

Wenn durch einen Unfall eine Straße gesperrt wird, organisieren unsere Kollegen meist schnell eine Umleitung, damit der Betrieb weitergehen kann. Dem Bus, der dann jedoch schon direkt hinter dem Unfall in der Sperrung steht, bringt das wenig – der steht in der Regel leider mittendrin und muss warten.

Stau

Jeder kennt Staus und jeder hasst sie. Gefeit sind unsere Busse davor trotzdem nicht. Wenn nichts mehr geht, stehen auch wir. Einziger Trost: man muss sich nicht selbst ums Fahren kümmern. Schneller beim Termin ist man leider trotzdem nicht.

Ampeln

Nicht immer schwimmt der Bus auf der „grünen Welle“ mit. Die einzige Möglichkeit diese Standzeiten zu umgehen, wäre eine konsequente Ampelvorrangschaltung für Busse .

Fahrgastwechsel

Wo mehr Fahrgäste einsteigen, dauert es natürlich auch länger, bis der Bus wieder losfahren kann. Im Gegenzug geht es schneller, wo weniger einsteigen. Genauso dauert es auch länger, wenn der Bus voll ist und jemand in der Lichtschranke der Türen steht oder die Rampe für einen Rollstuhl oder Kinderwagen aus- und wieder eingeklappt werden muss. Das passiert zwar in der Regel nicht an jeder Haltestelle, die Zeit, die das länger gedauert hat, zieht sich aber dennoch durch die restliche Fahrt durch. Der Vorne-Einstieg ist übrigens nachweislich kein „Verlangsamer“.


Da kann man jetzt natürlich sagen, dass all das zum Job unserer Fahrerinnen und Fahrer dazu gehört. Stimmt ja auch, aber bis zu zehn Stunden am Tag, immer mit der Zeit im Nacken ein riesiges Fahrzeug durch eine Stadt wie Hamburg zu steuern, ist eine besondere Leistung.
Da stehe ich inzwischen also wartend an der Bushaltestelle und bewundere gleichzeitig die Kolleginnen und Kollegen für ihre Ausdauer, ihre Gelassenheit und Freude, die sie sich bei diesem Stress bewahren können und dass der Bus letztlich doch immer kommt und mich mitnimmt.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen und Kollegen, die einen schlechten Tag haben – wir sind schließlich alles Menschen. Im Großen und Ganzen machen unsere Busfahrerinnen und –fahrer aber einen guten Job. Wenn also das nächste Mal etwas länger dauert, hilft es vielleicht daran zu denken, wie viele Faktoren auf unsere Busse und Fahrerinnen und Fahrer einwirken und woran sie tatsächlich alles denken müssen.

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9 Kommentare zu: Alltag für Busfahrer in Hamburg

  1. Hallo,
    was muss ich da lesen „Stimmt ja auch, aber bis zu zehn Stunden am Tag,“ .
    Ihre Busfahrer arbeiten also bis zu 10 Stunden am Tag? Ist bei der Hochbahn das Arbeitszeitgesetz nicht in Anwendung? Wenn nicht, wundere ich mich nicht mehr
    über schlafende Busfahrer in Wandsbek oder Poppenbüttel. Haben ihre Busfahrer
    überhaupt genügend Schlaf.
    MfG

    1. Das ist tatsächlich missverständlich. Aber das Arbeitszeitgesetz gilt natürlich auch bei uns. Mit zehn Stunden meinen wir die Schichtzeiten. Die tatsächliche Arbeitszeit liegt da deutlich drunter. In den zehn Stunden sind auch Wende- und Pausenzeiten mit enthalten. Da achten wir ganz besonders drauf, unsere innerbetrieblichen Regularien zu den Lenk- und Ruhezeiten gehen sogar über das gesetzlich festgelegte Maß hinaus. Und ganz ehrlich, wenn ein Busfahrer/eine Busfahrerin während der Pause mal die Augen zu macht, finden wir das überhaupt nicht schlimm.

  2. Dass Busfahrer die Falschparker fotografieren sollen klingt einfach, ist aber in der Praxis kaum umzusetzen. Nicht jeder Fahrer wird ein Smartphone oder eine Digitalkamera mitführen (wollen). Im Übrigen dürfte man damit nicht gerade zum Busfahrer des Monats gewählt werden und Zeit hat man in der tat nur sehr selten…das nur mal am Rande.
    Grundsätzlich kann aber jeder eine Ordnungswidrigkeitenanzeige aufgeben und das Fotografieren des Wagens, der die Haltestelle zuparkt, ist NICHT verboten. Als Beweis ist das völlig ausreichend. Auch ein zusätzlicher Zeuge wird reichen und der betreffende Falschparker wird dann kaum um die Strafe herumkommen.
    Viel wichtiger wäre aber m.E. eine deutliche höhere behördliche Präsenz, denn nur so kann eine Überprüfung des Verkehrsraumes auf Dauer sichergestellt werden.

    1. @Marco
      * Ich dachte an Kameras die die Hochbahn punktuell ihren Fahrern auf einzelnen Linien mit gibt und die die Fahrer nach Dienstende mit ihrer Abrechnung (Fahrscheine, Geld und Störungsmeldungen) bei XYZ wieder abgeben.
      * Falschparker werden den Busfahrer sicher nicht zum „Busfahrer des Monats“ wählen. Als Fahrgast sieht das aber ganz anders aus: Wenn es (fast) keine Falschparker mehr gibt, die Busse pünktlicher sind und besser an den Haltestellen zum stehen kommen, würde ich den Fahrer gern nachträglich zum „Busfahrer des Monats“ wählen.
      * Die „höhere behördliche Präsenz“ wäre natürlich die beste Lösung. Da in Hamburg der Ordnungsdienst jedoch abgeschafft wurde und die Polizei andere Aufgaben zu erfüllen hat ist hier eine Lücke entstanden die unbedingt geschlossen werden muss. => Das ist aber eine Frage an die Politik.

  3. Mir als Radfahrender sind Falschparker auch immer ein Dorn im Auge. Der Weg zur Meldung ist recht einfach: Beweisfoto, Tatzeit und -Ort, Kennzeichen und Automarke reichen der Bußgeldstelle für eine Ordnungswidrigkeitenanzeige. Die kann man sicherlich auch noch ein paar Tage nach der Tat aufgeben. Vielleicht fragt man dort mal direkt nach – so als Tipp.

  4. zu: Falschparker und Lieferverkehr
    Alle Ermahnungen mit erhobenem Zeigefinger an die „lieben Mitbürger“ dürften vergeblich sein. Einzig wenn es an den Geldbeutel geht werden sie hellhörig.
    Dazu mein Vorschlag: Alle Busfahrer erhalten eine Kamera und fotografieren alle Hindernisse. Mit gespeicherten GPS-Daten können später Ort und Zeit ermittelt werden. Danach werden diese Daten täglich an die Bußgeldstelle weiter gegeben (Halten im Halteverbot mit Verkehrsbehinderung).
    Dieser Aktion sollte eine mehrwöchige (mehrmonatige) Informationskampange in der Presse vorausgehen. Wer dann immer noch im Halteverbot parkt muss dann eben die Konsequenzen tragen.
    Ich denke das ich für diesen Vorschlag von Autofahrern -insbesondere Kurierfahrern- keinen Applaus erhalten werde, aber die StVO gilt für alle.
    Nebenbei: Diese Falschparker verursachen oft (erhebliche) Staus; wenn die Falschparker korrekte Stellplätze aufsuchen würden, würde der ganze Verkehr zügiger fließen.

    1. Für unsere Busse sind Falschparker eines der größten Ärgernisse. Im Nachhinein Falschparker zu melden, ist aber nicht möglich und im Normalfall haben unsere Fahrerinnen und Fahrer gar nicht die Zeit auszusteigen, um ein Foto zu machen. Allerdings können und sollen sie Falschparker auf Busspuren oder in Busbuchten melden. Diese Info geht an die Busbetriebszentrale und diese leitet den Hinweis direkt an die Polizei weiter.

      1. Ich dachte hier nicht daran das die Fahrer aussteigen sollen, sondern ein Bild aus der Sicht des Fahrers. Damit wird einerseits die Situation der Behinderung festgehalten und bei ausreichender Auflösung des Bildes auch das Kennzeichen.

        Ich denke diese Methode sollte, wenn sie ausreichend von der Presse begleitet wird, da kein Autofahrer gerne Bußgelder bezahlt, sich schnell herumsprechen und, wiel (fast) niemand mehr den Bus behindert, nach einer gewissen Zeit sich von selbst erledigen.

      2. Ich verstehe Ihren Ansatz, bin mir aber nicht sicher, ob das tatsächlich erlaubt ist. Da gilt wohl dennoch immer, dass der Falschparker „auf frischer Tat ertappt“ werden muss. Ich gebe Ihre Anregung dennoch einfach mal an den Busbereich weiter.

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