Emissionsfrei 2020 – schaffen wir das?

Hamburg hat ein ehrgeiziges Ziel. Ab 2020 sollen nur noch emissionsfreie Busse angeschafft werden. Obwohl das im ersten Moment ganz einfach klingt und wir Verkehrsunternehmen ja nun auch schon einige Jahre verschiedenste Technologien testen, ist der flächendeckende Einsatz solcher Fahrzeuge irgendwie doch noch Zukunftsmusik. Der Wunschtraum scheitert, wie das meistens so ist, (noch) an der Realität.

Denn Fahrzeuge haben (noch) keine Serienreife und sind (noch) ziemlich teuer

Es gibt sie zwar schon, die komplett emissionsfreien Busse, aber sie sind noch lange nicht serienreif. Weil es noch so wenige gibt, sind die meisten solcher Busse noch Einzelanfertigungen oder sogar Prototypen. Und somit in der Anschaffung vor allem eines: noch ziemlich teuer. Es muss also das Ziel sein, mehr Busse zu produzieren, damit sie durch Serienfertigung insgesamt billiger werden. Denn auf lange Sicht glauben wir nicht, dass ein E-Bus teurer sein wird als ein Dieselbus, warum auch?

Dabei werden auf lange Sicht neben den Kosten für die Anschaffung vor allem die Betriebskosten spannend. Der Dieselpreis wird früher oder später wieder steigen, Elektrofahrzeuge fahren dann aber eben entspannt mit günstigem Strom. Nachts werden sie ganz einfach aufgeladen und sind so im Grunde immer einsatzbereit.

In der Theorie also eigentlich ganz schön, aber in der Praxis stecken diese Busse noch in den Kinderschuhen. Sie sind im Vergleich noch nicht so zuverlässig wie konventionelle Dieselbusse. Sie stehen öfter in der Werkstatt oder werden vom Hersteller optimiert. Heißt: ein konventioneller Dieselbus kann bei uns derzeit noch viel wirtschaftlicher und stabiler im Betrieb eingesetzt werden. Das Entscheidende wird also sein, diese sogenannte „Verfügbarkeit“ der Busse auf das gleiche hohe Maß (nämlich weit über 90%) der konventionellen Busse zu kriegen. Und dafür testen wir (und auch andere) die verschiedenen Hersteller und Technologien.

Kosten, fehlende Serienreife und Verfügbarkeit sind also derzeit eigentlich schlagkräftige Gegenargumente. Aber heißt das, dass wir den Kopf in den Sand stecken?

Nein. Stattdessen gehen wir diesen Schritt zur Lösung: wir beschaffen einfach gemeinsam mit anderen

Wenn ein Unternehmen die Entwicklung innovativer Busse voran treibt, kauft, erprobt und Erfahrungen sammelt, ist das ja schon mal super. Besser aber, wenn man sich mit einem Partner zusammen tut. Denn wie heißt es so schön, nur gemeinsam ist man stark. Wir kooperieren intensiv mit der VHH. Schließlich sind wir beides Verkehrsunternehmen der Hansestadt. Parallel, aber getrennt voneinander vor uns hin werkeln, macht da wenig Sinn und wenn wir uns zusammen tun, haben wir immerhin schon mehr als 1.500 Busse.

Richtig Spaß macht so eine Kooperation aber erst, wenn wir auch die Hauptstadt, nicht die schönste ;-), aber immerhin die größte deutsche Stadt, mit ins Boot holen. Dann kommen nämlich noch mal 1.350 Busse der BVG dazu.

Eine knapp 2.900 Busse große Flotte bedeutet, dass im Jahr bis zu 200 neue emissionsfreie Busse angeschafft werden können. Damit bilden wir also vereinfacht gesprochen eine „Einkaufs-Gemeinschaft“ für innovative Busse – und fordern so die Industrie. Denn wenn ein Hersteller kein entsprechendes Angebot hat, gehen wir einfach woanders kaufen. Gleichzeitig schaffen wir aber auch Sicherheit bei der Industrie, denn die können sich bei 200 benötigten Fahrzeugen jedes Jahr sicher sein, dass ihnen ihre Busse auch abgenommen werden. Klassische Win-Win-Situation.
Und das Beste daran, diese Kooperation ist für alle deutschen Städte offen, denn letztlich stehen wir alle vor den gleichen Herausforderungen.

Also: Frankfurt, Köln, Stuttgart, München und Bielefeld: WO BLEIBT IHR? 😉


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4 Kommentare zu: Emissionsfrei 2020 – schaffen wir das?

  1. Die emissionsfreien Busse gibt es schon seit über 70 Jahren, die gab es auch mal in Hamburg: die O-Busse. Aber so wie die Straßenbahn aus ideologischen Gründen abgeschafft und nicht wieder eingeführt wurde. passierte und passiert dasselbe mit dem O-Bus. Solingen macht es vor, wie das auch heute kostengünsitig funktionieren kann, mit sog. Duo-Bussen, der fährt an einigen Stellen unter Draht fährt und an anderen Abschnitten ohne Oberleitung mit einem Hybridmotor oder Battgerie. Warum werden solche praktikablen Ideen in Hamburg gar nicht mehr diskutiert? Nur weil die deutsche Bus- und Autoindustrie die Zukunft verschläft?
    Auf den St-Nimmerleinstag zu warten und hoffen, das die Industrie mal einen Batteriebus entwickelt der funktioniert, bringt es m.E. auch nicht.

  2. Die Hochbahn sollte mal einen Blick nach Shenzhen in China werfen. Dort fahren seit mehreren Jahren schon Elektrobusse im Dauerbetrieb. Zwar sind nicht alle Buslinien auf Elektro umgestellt, aber es werden immer mehr. Die Fahrzeuge einfache Busse, also keine Gelenkbusse (diese sind dort auch nicht zu finden) und werden meist an jeder 2. Endhaltestelle mit einem Kabel aufgeladen. Allerdings sind die Busstandards noch relativ antiquirt, weil die Busse noch mit Blattfedern ausgestatten sind und nicht mit Luft oder Hydraulikfederung (ist also leichter) und sehr oft nicht barrierefrei. Allerdings sind ein Großteil der Busflotte sowie einige U-Bahnlinien mit WiFi für die Fahrgäste ausgestattet. Wenn Ihr mehr wissen wollt: einfach anschreiben.

    Andreas

    1. Aus eigenem Erleben kenne ich das Thema Elektrobusse und China ein wenig. Auffällig ist dabei tatsächlich, dass die Busse dort sehr häufig zwischengeladen werden an den Haltestellen. Das Konzept würde in Hamburg nicht funktionieren, weil die Zeiten den Haltestellen damit zu lang und wir das Gegenteil der Busbeschleunigung erreichen würden. Da halten wir unsere Lösungen (Betriebshof oder Anfangs- und Endhaltestelle einer Linie fürs Aufladen) für effizienter. Aber wir stehen in engem Kontakt mit China zu diesem Thema – denn die sind schon clever, nicht nur im Busbereich.

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